Diagnose

Pemphigoid gestationis

Diagnostiziert wurde ein Pemphigoid gestationis. Aufgrund des eindeutigen klinischen Befundes sowie des Antikörpernachweises war auch ohne Histologie eine exakte Diagnostik möglich.

Therapie und Verlauf

Die Blasen wurden steril punktiert, Verbände mit triamcinolonhaltiger Zinkschüttelmixtur und Cuticell® Gaze wurden angelegt. Eingeleitet wurde eine systemische Stoßtherapie mit Prednisolon, beginnend mit 250 mg i.v., Reduktion täglich in 50-mg-Schritten. Darunter zeigte sich eine rasche Befundbesserung, neue Blasen traten nicht auf.

Nach fünf Tagen konnte die Patientin in gutem Zustand entlassen werden. Die Steroidtherapie wurde fortgesetzt mit Prednisolon p. o. 20 mg/Tag über eine Woche, im Anschluss 10 mg/Tag über eine Woche. Bei der Befundkontrolle am zehnten poststationären Tag bestand weiterhin Pruritus. Der Hautbefund zeigte sich in guter Abheilung mit postinflammatorischer Hyperpigmentierung (Abb. 3). Die Lokaltherapie wurde mit Prednicarbat-Creme fortgeführt. Bei Wiedervorstellung nach weiteren 16 Tagen (5 Wochen nach Entbindung) waren die Läsionen vollständig abgeheilt.

Diskussion

Das Pemphigoid gestationis (früher Herpes gestationis) ist eine polymorphe, stark pruriginöse, blasenbildende seltene (Inzidenz 1:50.000 Schwangerschaften) Autoimmundermatose der Spätschwangerschaft (Tab. 1) und der Postpartalperiode, die pathophysiologisch einem bullösen Pemphigoid gleicht. Zur Manifestation kommt es meist im 3. Trimenon mit Exazerbation unmittelbar postpartal, bedingt durch den physiologischen Abfall des Cortisolspiegels. Der Verlauf ist selbstlimitierend, die Abheilung erfolgt innerhalb von sechs Monaten nach Ende der Schwangerschaft. Es besteht ein hohes Rezidivrisiko in nachfolgenden Schwangerschaften bei gleichem Vater mit früherem Beginn und schwererem Verlauf.

Häufig besteht starker Pruritus Tage bis Wochen vor Auftreten des polymorphen Exanthems. Die Hautveränderungen beginnen meist periumbilikal, eine Ausbreitung auf das gesamte Integument ist möglich, das Gesicht bleibt oft ausgespart. Leiteffloreszenzen sind elevierte Erytheme und Urtikae. Vesikel und pralle (subepidermal gelegene) Blasen entstehen erst später. Häufig verläuft das Pemphigoid gestationis auch ohne Blasenbildung. Pathophysiologisch gleicht es einem bullösen Pemphigoid; es lassen sich Autoimmunantikörper gegen das bullöse Pemphigoidantigen mit einem Molekulargewicht von 180.000 Dalton (BP 180) nachweisen. In der direkten Immunfluoreszenz finden sich lineare C3-Ablagerungen an der dermoepidermalen Junktionszone.

Differenzialdiagnosen sind eine polymorphe Schwangerschaftsdermatose, ein Erythema exsudativum multiforme und eine lineare IgA-Dermatose.

Therapieziel ist die Kontrolle des Juckreizes und die Unterdrückung der Blasenbildung. Orale Antihistaminika (H1-Rezeptorenblocker) und topische Glukokortikoide sind meist ausreichend. In schweren Fällen werden Glukokortikoide systemisch verabreicht mit einer Erhaltungsdosis, bis Juckreiz und Blasen ausbleiben. Mittel der Wahl ist Prednisolon.

Es besteht eine erhöhte Inzidenz von zu kleinen Neugeborenen und zu niedrigem Geburtsgewicht. Zudem ist die Inzidenz der Frühgeburtenrate erhöht. Bei 5–10% der Neugeborenen bestehen Urtikae, erythematöse Papeln und seltener auch Blasen durch den diaplazentaren Übergang von Immunglobulin G (IgG).
Postpartal sollte keine hormonelle Kontrazeption erfolgen, da dadurch ein neuer Schub provoziert werden kann. Es gibt keine Daten, die ein erhöhtes Risiko für ein Rezidiv durch Kontrazeptiva nach der Postpartalzeit zeigen. Eine Karenz von sechs Monaten post partum erscheint ausreichend sicher. Ferner gibt es keine Hinweise, dass die Laktation den Krankheitsverlauf beeinflusst. Die Patientinnen können also voll stillen.

Übersicht schwangerschaftsspezifische Dermatosen

DermatoseInzidenz (bezogen auf Schwangerschaft)
atopische Schwangerschaftsdermatose1:5–1:20
polymorphe Schwangerschaftsdermatose1:160–1:200
intrahepatische Schwangerschaftscholestase1:50–1:5.000
Pemphigoid gestationis

1:2.000–1:50.000

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Quelle
Zeitschrift: hautnah dermatologie  2015/11  mehr >>
Autor: Dr. Alexa Grob
Quelle: Springer Medizin VerlagGmbH, Berlin(2015)