Diagnose

Dermatomyositis mit schwerer Dysphagie

Laborparameter
Eine Hautbiopsie vom Gesicht zeigt oberflächlich perivaskuläre lymphozytäre Infiltrate mit mildem Interfaceprozess. In der Biopsie einer oralen Ulzeration finden sich entzündlich-reaktive Veränderungen ohne Nachweis von Neoplasien oder Infektionen. Eine Nadel-Elektromyographie (EMG) des M. deltoideus ergibt ein akut myopathisches Muster mit pathologischer Spontanaktivität und schlanken, polyphasischen Potenzialen im Sinne einer inflammatorischen Myopathie. Laborchemisch sind Zeichen eines Muskelzerfalls mit Erhöhung der Creatinkinase (5607 U/l), Aldolase (52 U/l), Lactat-Dehydrogenase (965 U/l) und Transaminasen (GOT 257 U/l, GPT 123 U/l) zu erkennen. Ebenfalls erhöht sind Thrombozyten (530 000/l) und Leukozyten (13 000/l) bei erniedrigtem Hämoglobinv (10,7 g/dl). Die antinukleären Antikörper zeigen sich 1 : 640 mit fein granulärem Muster positiv (HEp-2-Zellen), TIF1-Antikörper sind positiv, Jo-1, SS-B, CCP, Mi-2, Ku und zahlreiche Tumormarker negativ. Blutsenkung (23 mm/h), Serum-Neopterin (23,5 nmol/l) und Beta-2 Mikroglobulin (3,9 mg/l) sind erhöht bei normalem C-reaktivem Protein.


Paraneoplasie Dermatomyositis


Röntgen, Sonographie, Computertomographie (CT), FDGPET- CT und Kernspintomographie zeigen eine milde zervikale Lymphadenopathie und Splenomegalie (140×38 mm), eine Zyste am unteren Milzpol, ein Hämatom am proximalen Oberschenkel rechts, keinen Hinweis für eine lokalisierte Tumorerkrankung, jedoch homogene Stoffwechselaktivität im Knochenmark. Gastro- und Koloskopie sind unauffällig. In EKG und Echokardiographie ist keine Einschränkung der linksventrikulären Funktion zu erkennen. Bei fortbestehender Thrombozytose und Splenomegalie ergibt die hämatologische Abklärung eine JAK2(V617F)-Mutation bei chronisch myeloproliferativen Veränderungen des Knochenmarks (chronic myeloproliferative disorder, CMD). Weder eine BDR-ABL1t(9;22)-Translokation noch eine Calreticulin (Exon 9)-Mutation sind nachweisbar. Vereinbar mit dem Vorliegen einer hämatologischen Grunderkrankung ist der Nachweis von Transcription-intermediary-factor (TIF)1-Antikörper (siehe oben), welcher eine 70%ige Sensitivität und 89%ige Spezifizität für das Vorliegen einer paraneoplastischen Dermatomyositis besitzt und mit lebensbedrohlichen Komplikationen einhergeht, zu der die schwere Dysphagie des Patienten zu zählen ist [1, 2]. Neben TIF1-Antikörpern zählen auch periunguale Erytheme und Ulzerationen, männliches Geschlecht, Alter (>45 Jahre), eine erhöhte Blutsenkung und das Vorliegen einer leukozytoklastischen Vaskulitis (bei diesem Patienten nicht vorliegend) zu Merkmalen der paraneoplastischer Dermatomyositis. Die Häufigkeit einer Neoplasie bei Dermatomyositis wird in der Literatur zwischen 7–30 % angegeben und konnte in Fall-Kontroll- und Populationsstudien bestätigt werden. Die oben genannten Marker helfen die Abklärung bezüglich Paraneoplasie auf Hochrisikopatienten zu fokussieren. Bei männlichen Patienten, allerdings nicht im hier beschriebenen Fall, sind Lungenkarzinome, bei weiblichen Patientinnen Ovarialoder Mamma-Karzinome besonders häufig [3].

Weiterer Verlauf
Trotz Erhöhung der Methylprednisolondosis (1 mg/kg KG) und der Kombination mit Methotrexat 30 mg s.c. wöchentlich kann die Progression (insbesondere Dysphagie) zunächst nicht aufgehalten werden. Erst nach zusätzlicher Gabe von intravenösen Immunglobulinen (2 g/kg KG) kumulativ über zwei bis vier Tage in vierwöchentlichen Abständen und begleitender, intensiver, Physio-, Logo- und Ergo-Therapie kann eine Befundbesserung erreicht werden. Entscheidend für die Prognose des Patienten wird der Verlauf der hämatologischen Grunderkrankung sein [4–5]. Von Seiten der Hämatologie wurde im Verlauf mit Ruxolitinib, einem JAK1/2-Inhibitor (10 mg täglich), behandelt [6–7], eine Therapie, die sich auch auf die entzündliche Komponente der Dermatomyositis günstig auswirken könnte.


Interessenkonflikt


Keiner.

Literatur
1 Fujimoto M, Hamaguchi Y, Kaji K et al. Myositis-specificanti-155/140 autoantibodies target transcription intermediary factor 1 family proteins. Arthritis Rheum 2012; 64: 513–22.
2 Fiorentino D, Casciola-Rosen L. Autoantibodies to transcription intermediary factor 1 in dermatomyositis shed insight into the cancer-myositis connection. Arthritis Rheum 2012; 64:346–9.
3 Wang J, Guo G, Chen G et al. Meta-analysis of the association of dermatomyositis and polymyositis with cancer. Br J Dermatol 2013; 169: 838–47.
4 Tsuji G, Maekawa S, Saigo K et al. Dermatomyositis and myelodysplastic syndrome with myelofibrosis responding to methotrexate therapy. Am J Hematol 74: 175–8.
5 Marie I, Guillevin L, Menard JF et al. Hematological malignancy associated with polymyositis and dermatomyositis. Autoimmun Rev 2012; 11: 615–20.
6 Hornung T, Janzen V, Heidgen FJ et al. Remission of recalcitrant dermatomyositis treated with ruxolitinib. N Engl J Med 2014; 371: 2537–8.
7 Hornung T, Wolf D, Wenzel J. More on remission of recalcitrant dermatomyositis treated with ruxolitinib. N Engl J Med 2015; 372: 1274.

 

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