Diagnose

Phacomatosis spilorosea

Diskussion
Die Phacomatosis pigmentovascularis (PPV), erstmals 1947
von Ota [ 1 ] beschrieben, ist eine Gruppe seltener Syndrome
mit koexistierenden vaskulären Malformationen und melanozytären
Läsionen. Mitunter kommt es zu einer Beteiligung
innerer Organe, insbesondere des Zentralnervensystems
und der Augen. Die ursprüngliche klinische Einteilung nach
Hasegawa [ 2 ] teilt die PPV in fünf Typen auf. Die Kategorie
A und B kennzeichnet eine fehlende oder bestehende
Innenorganbeteiligung. Happle [ 3 ] hat unlängst eine neue
Klassifi kation der PPV vorgeschlagen, in der eine Einteilung
in Kategorie A und B entfällt und die Existenz einer PPVTyp
I verworfen wird. Zudem bestehen klinisch eindeutige
Unterschiede zwischen teleangiektatischen Nävi: der Naevus
roseus ist hellrot, der Naevus fl ammeus im Gegensatz dazu
dunkelrot (Portwein-artig).
Bei der, in unserem Fall vorliegenden Phacomatosis spilorosea
(ursprünglich PPV-Typ III) bestehen ein uni- oder
multilokulärer Naevus spilus und ein lateralisierter, teleangiektatischer
Nävus von hellroter Farbe (Naevus roseus)
[ 4 ] . Häufi g treten ein uni- oder bilaterales Lymphödem und
eine Längenasymmetrie der Beine einhergehend mit einer
Skoliose hinzu. Eine Beteiligung des ZNS mit Ausbildung
einer Hemiparese und epileptischen Anfällen, darüber hinaus
eine Varikosis oder Lymphgefäßanomalien, kommen
mitunter vor.
Die Phacomatosis caesiofl ammea (ursprünglich PPVTyp
II) ist die häufi gste PPV-Form (75–80 % der Fälle).
Es bestehen ein oder mehrere lateralisierte „Mongolenfl
ecke“ (Naevus caesius) und ein Naevus fl ammeus. Es
kann auch hier zu venösen oder lymphatischen Malformationen,
zu Abnormalitäten des ZNS und insbesondere zu
okulären Anomalien (Glaukom, Melanosis bulbi, selten
Uveamelanome) kommen. Die häufi gste Assoziation besteht
mit dem Sturge-Weber-Syndrom und Klippel-Trenaunay-
Syndrom.
Zur PPV-Typ IV gehören alle unklassifi zierbaren Fälle
der PPV. Beschrieben wurden hier Patienten mit verschiedenen
Typen vaskulärer und pigmentierter Fehlbildungen. Chen
und Happle [ 5 ] publizierten zum Beispiel einen Fall einer
Phacomatosis multiplex mit fünf verschiedenen Komponenten:
teleangiektatischer Nävus, Café-au-Lait-Flecken, Mongolenfl
eck, Naevus depigmentosus und Naevus sebaceus.
Die Phacomatosis caesiomarmorata (ursprünglich PPVTyp
V) [ 6 ] beschreibt die Koexistenz eines Naevus caesius
mit einer Cutis marmorata teleangiectatica congenita. Die
Patienten haben eher selten extrakutane Manifestationen.
Die Pathogenese der PPV ist noch lückenhaft verstanden.
Es wird vermutet, dass aus einer pluripotenten Progenitorzelle
durch postzygotische Mutationen, und zwar Mosaike
autosomaler Letalmutationen, die vaskulären und melanozytären
Naevi entstehen [ 7 ] . In einer aktuellen Publikation
von Thomas [ 8 ] wurde die Assoziation Mosaik-aktivierender
Mutationen in GNA11 und GNAQ mit Phacomatosis pigmentovascularis
(insbesondere Phacomatosis caesiofl ammea
und Sturge-Weber-Syndrom) und anderen ausgedehnten dermalen
Melanozytosen beschrieben. Die Ursache der Phacomatosis
spilorosea ist jedoch noch unbekannt.
Da der Dermatologe Patienten mit PPV nur symptomatisch
behandeln kann (mit Farbstoffl aser oder Kompressionstrümpfen),
kommt ihm die wichtige Aufgabe einer Früherkennung
dieser seltenen Erkrankung zu. Prognostisch ist
für Patienten mit PPV relevant, ob eine Beteiligung innerer
Organe wie ZNS oder Augen vorliegt. Eine interdisziplinäre
Betreuung der Patienten durch Dermatologen, Kinderorthopäden,
Neurologen und Augenärzte ist sinnvoll.

Interessenkonflikt
Keiner.

Literatur
1 Ota M , Kawamura T , Ito N . Phacomatosis pigmentovascularis .
Jap J Dermatol 1947 ; 52 : 1 – 3 .
2 Hasegawa Y , Minoru Y . Phacomatosis pigmentovascularis Type
IVa . Arch Dermatol 1985 ; 121 : 651 – 5 .
3 Happle R. Phacomatosis pigmentovascularis revisited and reclassified
. Arch Dermatol 2005 ; 141 : 385 – 8 .
4 Happle R. Naevus roseus: a distinct vascular birthmark . Eur J
Dermatol 2005 ; 15 : 231 – 4 .
5 Chen W , Happle R . Phacomatosis pigmentovasculosebacea: an
unusual case of phacomatosis multiplex . Eur J Dermatol 2003 ;
13 : 231 – 3 .
6 Torrelo A , Zambrano A , Happle R . Cutis marmorata telangiectatica
congenita and extensive mongolian spots: type 5 phacomatosis
pigmentovascularis . Br J Dermatol 2003 ; 148 : 342 – 5 .
7 Happle R . Mosaicism in Human Skin. Ch 9 , Heidelberg :
Springer-Verlag 2014 : 115 – 20 .
8 Thomas AC , Zeng Z , Rivière JB et al. Mosaic activating mutations
in GNA11 and GNAQ are associated with phakomatosis
pigmentovascularis and extensive dermal melanocytosis . J
Invest Dermatol 2016 ; 136 : 770 – 8 .


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