Ernährungsmedizinische Überlegungen im dermatologischen Alltag

Ernährungsmedizinische Überlegungen im dermatologischen Alltag

Heute möchte ich Euch von meiner Erfahrung im dermatologischen Klinikalltag nach Absolvieren der 200 Stunden Weiterbildung „Ernährungsmedizin“ berichten. Im dermatologischen Alltag gewinnen ernährungsmedizinische Überlegungen glücklicherweise zunehmend an Bedeutung. Ich finde es ist wichtig zu verstehen, dass Ernährung nicht nur zur Prävention, sondern auch zur Therapie verschiedener Hauterkrankungen beitragen kann. Ein vertieftes Verständnis dieser Zusammenhänge ermöglicht es uns, ganzheitliche Ansätze zur Behandlung von Hauterkrankungen zu verfolgen und die Lebensqualität unserer Patienten zu verbessern.

Ein bekanntes Beispiel für ein ernährungsassoziiertes Krankheitsbild ist die Akne vulgaris: Ein hoher glykämischer Index oder Milchprodukte können bei einigen Patienten maßgeblich zur Aggravation der Beschwerden beitragen. Hier ist die Bedeutung einer entzündungshemmenden Ernährung von großer Relevanz. Eine Ernährung, die reich an Omega-3-Fettsäuren, Antioxidantien und entzündungshemmenden Nahrungsmitteln ist, kann dazu beitragen das Entzündungsniveau zu reduzieren und die Hautgesundheit zu fördern. Beispielhaft sind hier fettreiche Fische wie Lachs und Makrele, grünes Blattgemüse wie Spinat und Grünkohl (Vitamin E-haltig), Beeren wie Blaubeeren und Erdbeeren, Nüsse und Samen wie Walnüsse und Leinsamen, Pflanzen wie Ingwer und Kurkuma aber auch probiotische Lebensmittel wie Joghurt und Kefir zu nennen. Obst und Gemüse mit hohem Vitamin-C-Gehalt wie Orangen und Paprika sowie Lebensmittel wie Tomaten, die Lycopin enthalten, sind weitere gute Optionen, um Entzündungen zu bekämpfen.

Sicher wissen wir alle, dass unter anderem ein ausgewogener Mikronährstoffstatus entscheidend für die Hautgesundheit ist, aber wie lässt sich das eigentlich erklären?

Die Regeneration der Hautzellen wird maßgeblich durch biochemische Prozesse beeinflusst, die wiederum von der Ernährung beeinflusst werden. Eine ausgewogene Ernährung liefert die notwendigen Nährstoffe wie Proteine, Vitamine und Mineralstoffe, die für die Zellteilung, Migration und Proteinbiosynthese in der Haut essenziell sind. Zum Beispiel spielen Proteine eine Schlüsselrolle bei der Synthese von Strukturproteinen wie Kollagen und Elastin, während Vitamine A und C sowie Mineralstoffe wie Zink und Kupfer an der Zellproliferation und -migration beteiligt sind. Antioxidantien aus Lebensmitteln wie Beeren und grünem Blattgemüse schützen die Haut vor oxidativem Stress und Entzündungen, die die Regeneration beeinträchtigen können. Darüber hinaus ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr wichtig, um die Haut mit Feuchtigkeit zu versorgen und ihre Funktion als Barriere aufrechtzuerhalten. Es gilt die Maßgabe ca. 0.3ml/kg Körpergewicht Mineralwasser pro Tag aufzunehmen, sofern es sich um kardiovaskulär unauffällige Patienten ohne Volumenrestriktion handelt. Ihr seht, es wird doch recht schnell komplex.

Aktuell empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM e.V.) die oben skizzierte, auch als mediterrane Diät bekannte, Ernährungsweise. Diese beinhaltet eine höhere Zufuhr von Gemüse Obst und so eine gesteigerte Aufnahme von sekundären Pflanzenstoffen (wie z. B. Vitamin C und E, Folsäure, Karotinoide und Polyphenole). Viele dieser Mikronährstoffe fungieren als Antioxidantien und tragen so dazu bei, oxidative Schäden durch reaktive Sauerstoffspezies (ROS) zu reduzieren und die Haut so zu schützen. Oxidativer Stress kann sich auf vielfältige Weise auf die Haut auswirken und zu sichtbaren Veränderungen führen, indem er Kollagen- und Elastinfasern angreift. Diese Fasern sind wichtig für die Elastizität und Festigkeit der Haut. Ein häufiges Anzeichen oxidativer Hautschädigung ist folglich die Faltenbildung, insbesondere in Bereichen, die vermehrt UV-Strahlung ausgesetzt sind, wie im Gesicht und an den Händen. Zusätzlich können Verfärbungen und Pigmentstörungen auftreten, welche durch eine übermäßige Produktion von Melanin zu einer unregelmäßigen Pigmentierung herbeigeführt werden. Dieser Prozess äußert sich oft als Altersflecken, Sonnenflecken oder ungleichmäßige Hautverfärbungen. Die Haut kann auch trocken, rau und schuppig werden. Oxidativer Stress beeinflusst hier die Lipide in der Hautbarriere, was zu einem gestörten Feuchtigkeitshaushalt führen kann.

Als letzten Punkt möchte ich den Einfluss der Ernährung auf die Wundheilung beleuchten. Die Wundheilung lässt sich in verschiedene Phasen einteilen – von der Entzündung über die Proliferation bis hin zum Remodelling. Proteine sind für die Synthese von Kollagen essenziell, welches wiederum für die Wundfestigkeit, während der Proliferations- und Remodellierungsphase unerlässlich ist. Aminosäuren wie Arginin und Glutamin fördern die Kollagensynthese und unterstützen das Immunsystem, wodurch eine schnelle und effektive Reaktion auf Verletzungen ermöglicht wird. Vitamine, insbesondere Vitamin C und E, sind ebenfalls von zentraler Bedeutung. Vitamin C ist direkt an der Kollagenbildung beteiligt und unterstützt die Integrität der neu gebildeten Haut. Vitamin E fungiert hier als Antioxidans. Mineralstoffe wie Zink und Eisen spielen eine kritische Rolle im Heilungsprozess. Zink ist an der Zellteilung, Proteinsynthese und Kollagenstabilisierung beteiligt, während Eisen für die Sauerstoffversorgung des Gewebes essenziell ist, was für die Energieproduktion und somit für die Wundheilung notwendig ist.

Ihr seht, dass die Ernährungsmedizin in allen Bereichen der Dermatologie den Therapieverlauf unserer Patienten positiv beeinflussen kann. Wie können wir unseren Patienten nun eine Ernährungsberatung zugutekommen lassen?

In Deutschland haben Patienten eine Reihe von Optionen, um eine professionelle Ernährungsberatung zu erhalten: Eine Möglichkeit besteht darin, sich an den eigenen Hausarzt oder Facharzt zu wenden. Diese können grundlegende Ernährungsempfehlungen geben oder die Patienten an spezialisierte Ernährungsberater verweisen. Zudem gibt es unabhängige Ernährungsberater in privaten Praxen, die individuelle Beratungsdienste anbieten. Diese Dienste sind oft kostenpflichtig und werden in der Regel nicht von Krankenkassen übernommen. Einige Krankenkassen bieten jedoch die Ernährungsberatung als Teil ihrer Leistungen an. Die Verfügbarkeit und Bedingungen variieren je nach Versicherung.

Wichtig ist es mir hier insbesondere die interdisziplinäre und interprofessionelle Zusammenarbeit hervorzuheben. Die Schulung unserer Patienten geht in aller Regel weit über eine reine Wissensvermittlung hinaus. Neben der sozialen Komponente spielt insbesondere die emotionale Komponente für viele Patienten eine große Rolle und sollte dementsprechend auch in unseren ernährungsmedizinischen Überlegungen berücksichtigt werden. Aus meiner Erfahrung ist hier häufig professionelle Unterstützung im Sinne einer Verhaltenstherapie sinnvoll. Hier gibt es, wenn auch quantitativ ausbaufähig,  ernährungsmedizinische Einrichtungen und Kliniken, in denen vornehmlich  schwerwiegende Ernährungsproblemen (von Kachexie bis Adipositas per maxima) adressiert werden. Zusätzlich stehen Patienten generell Online-Ressourcen und Apps zur Verfügung, die Informationen, Tipps und Pläne für eine gesunde Ernährung bieten. Diese können eine ergänzende Unterstützung sein, können aber nicht die persönliche Beratung durch qualifiziertes Fachpersonal ersetzen.

Ich persönlich würde es sehr begrüßen, wenn wir uns in Zukunft mehr Zeit für die Einbindung ernährungsmedizinischer Überlegungen mit unseren Patienten nehmen könnten und unsere Patienten so wieder handlungsfähiger machen.

Wie sieht es in Eurer Praxis oder Klinik aus? Ist die Ernährungsmedizin Teil des Behandlungskonzepts? Habt Ihr vielleicht schonmal überlegt die Weiterbildung Ernährungsmedizin zu machen oder gar schon begonnen?
Diskutiert mit uns bei LinkedIn darüber! 

Liebe Grüße, Eure Regina