„Ich mag das Spektrum von unerwarteten Fällen“

oder warum es ganz nett ist in der Pampa

Landschaft
Foto© Peter Müller (JuDerm)

Den Facharzt in Dermatologie zu machen ist eine fordernde und abwechslungsreiche Aufgabe. Es gilt Kataloge abzuarbeiten und Rotationen zu absolvieren. Hierbei das gesamte Spektrum der Dermatologie abzudecken ist nahezu unmöglich, so möchte man sich also die bestmöglichen Chancen sichern, Vielfalt und Routine zu bekommen. Wo geht das besser, als in einer großen Hautklinik? Hunderte Fälle, gigantische diagnostische Möglichkeiten, interdisziplinärer Austausch – ja, die Klinik hat so einiges zu bieten... 

Aber. Der Andrang ist groß, die Anzahl der freien WBA-Stellen nicht zuletzt aus Kostengründen eher weniger. Es heißt nicht selten Dienste, Dienste, Dienste. Und was die Vielfalt angeht, ja, das mag stimmen für krasse Fälle oder Konsultationen aus den anderen Fachabteilungen, z. B. zum Abklären von Nebendiagnosen. Aber der dermatologische Alltag – wird der wirklich umfassend abgebildet? Die Oma mit Ulcus cruris, der 4-jähriger mit Exanthem, die Schwangere mit Pruritus? Hinter diesen scheinbar banalen Diagnosen im Praxisalltag steckt die wahre Vielfalt der Dermatologie. In der Praxis hat dann auch der WBA die Gelegenheit von der Diagnostik bis zur Therapie alles aus einer Hand zu leisten. Das können die modernen Praxen heute nämlich alles! Sie sind mit OPs ausgestattet, mit Lasern, Laboren und Strahlen. Ja, auch die auf dem Land!

Dr. Dorit Düker ist aktuell als WBA in einer Bernauer Praxis angestellt und erzählt:

„Ich kann mich noch ganz gut an die Zeit zurück erinnern, wie das so war –mein erster Arbeitstag in einer dermatologischen Praxis.

Ganz ehrlich - Nervosität, Skepsis und Unsicherheit beherrschten zu Beginn meinen Kopf und gleichzeitig kam die Frage in mir auf, ob das eine gute Idee war, hier meine Weiterbildung in einer Praxis fortzuführen?

Aber wie so oft im Leben kommt es anders als man denkt und in diesem Sinne viel positives. Ich bin in einer dermatologischen Praxis mit einer tollen Chefin und tollen Helferinnen tätig, die mir es bis heute wirklich einfach machen, den dermatologischen Praxisalltag zu verstehen und auch zu „überstehen“.

Doch wie gestaltet sich mein Praxisalltag?

Toll war, dass ich noch in meiner Elternzeit die Möglichkeit einer Einarbeitungszeit bekommen habe, so dass mir der VZ-Wiederstieg nach meiner 2.Babypause vereinfacht wurde. Somit konnten wir von Anfang an eine Parallelsprechstunde durchführen - insgesamt sind wir nämlich drei Ärztinnen.

Vor Beginn jeder täglichen Sprechstunde heißt es routiniert: Laborbefunde begutachten, BG-Nachsorgeberichte vervollständigen, Heimanfragen bearbeiten, Histo-Befunde durchlesen, Patiententelefonate; dann ein kurzer Check- up noch ins Software Programm um zu schauen, was heute denn so einbestellt ist und wenn dann noch Zeit bleibt, werden ausstehende Arztbriefe geschrieben. Folglich hat man jeden Tag mindestens eine Stunde damit zu tun, bevor es zum eigentlichen Patientenkontakt kommt.

Gegen 8 oder 12 Uhr (je nachdem welcher Wochentag besteht) beginnt meine Sprechstunde mit den terminlich einbestellten Patienten. Zu Beginn mag es relativ langweilig klingen, da ich fast nur die HKS abbekam. Doch das änderte sich zügig. Von da an war jeder Tag anders: von Jung bis Alt ist jede Patientengruppe täglich vertreten, folglich interessante kinderdermatologische Fälle, die ganz klassischen dermatologischen Erkrankungen wie Akne, Rosazea, Pilzerkrankungen, Haarausfälle, Hautkrebserkrankungen und vieles mehr.

Zudem sind wir eine berufsdermatologisch ausgerichtete Praxis – was mir sehr gefällt und wo ich bisher auch sehr viel erlernen konnte.

Parallel dazu gibt es in unserer Praxis sogenannte „k.T.“ oder Quicktermine, die wir täglich bei uns zusätzlich anbieten. Von Angioödemen, Arzneimittelexanthemen, urtikariellen Reaktion am Körper, Gürtelrose und Skabies oder Patienten, die einfach nur darum bitten „Frau Doktor, ich habe seit Wochen an meiner Großzehe eine Verfärbung – bitte helfen Sie mir mit einer Creme – und zwar jetzt!“ – ist alles dabei. Richtige Notfälle in dem Sinne sind selten – aber die Patienten sind sehr dankbar, vor allem dann, wenn Ihnen ihre Sorge durch einen dermatologischen Blick zügig genommen werden kann.

Allgemein muss ich auch sagen, dass diese Patienten eigentlich meine „Lieblingspatienten“ sind, da sie kurz und knapp Hilfe erwarten und keine endlosen und manchmal anstrengenden Patientengespräche führen wollen. Und ich mag das Spektrum von unerwarteten Fällen – denn man weiß nie, was gleich auf einen drauf zu kommt wenn man die Tür öffnet.

Was mir jeden Tag immer wieder neu Spaß bereitet ist auch die Tatsache, dass sich eine Sprechstunde so unterschiedlich gestalten kann und wir so viele Möglichkeiten auch haben. Sei es durch die Abwechslung in der Patientenklientel mit ihren jeweiligen Hauterkrankungen, akut oder chronisch, sei es der Gang in den OP-Bereich, um dort Patienten zu lasern, zu operieren, oder aber um eine mykologische Diagnostik am Patienten mal selbst zu übernehmen, anstatt dieses an die Helferinnen zu delegieren.

Und dann gibt es immer wieder die Patienten, die vor einem stehen und wo man manchmal innerlich denkt: „Okay, ich habe jetzt leider gar keine Ahnung was Du haben könntest“.

Aber zum Glück ist man nicht allein und somit habe ich jeden Tag die Möglichkeit mit meinen Kolleginnen Patienten zu besprechen, oder ich bitte sie direkt dazu zu kommen und folglich erarbeitet man dann zusammen das weitere Prozedere.

Eine Praxisbesonderheit sind meine eigens eingerichteten Hospitationszeiten innerhalb der Woche, d.h. ich gehe ganz klassisch mit den beiden anderen Ärztinnen mit und begleite ihre Sprechstunden. Somit habe ich das große Glück, passiv Gesprächssituationen für mich zu reflektieren, erfreue mich auch Bereiche von den erfahrenen Kollegen zu erlernen und hospitiere bei den verschiedenen Laser-Therapieoptionen, im OP, im Bereich der ästhetischen Sprechstunde und der medizinischen Kosmetik und auch bei den sonografisch kontrollierten Sklerosierungen, die wir anbieten.

Somit kann ich den Praxisalltag nur weiterempfehlen – er ist wahnsinnig abwechslungsreich, man arbeitet sehr eigenständig und ist trotzdem nicht allein. Man begleitet Patienten mitunter über Jahre, behandelt Babys aber auch Patienten mit einem hohen Alter. Und im besten Falle arbeitet man in einem Team, wo jeder jedem zuarbeitet und für eine gute Stimmung sorgt und man einfach sagen kann: Ich komme jeden Tag gerne zu meiner Arbeit!“

Gibt es nach einem solchen Bericht wirklich noch Sorgen um Rotation und Katalog?

By the way: Ihr werdet gebraucht, vor allem auf dem Land. War das nicht sowieso einer der Gründe, Dermatologe zu werden? Na dann ist ja alles klar.

Dr. Dorit Düker ist Weiterbildungsassistentin in einer Benauer Praxis und seit vier Jahren bei JuDerm aktiv. Hier leitet sie die Fachgruppe WBA, die sich mit ausgewählten Themen rund um die Förderung all jener beschäftigt, die sich aktuell in der Weiterbildungs-Zeit befinden oder diese vorbereiten. Sie verfasst Artikel für eigene und befreundete Medien, z. B. "Ärztliches Journal Dermatologie"