Prof. Dr. med. Christoph Skudlik

Prof. Dr. med. Christoph Skudlik ist Facharzt für Dermatologie und Venerologie, Allergologie, Ernährungsmedizin, Berufsdermatologie (ABD) und Chefarzt des Instituts für interdisziplinäre Dermatologische Prävention und Rehabilitation an der Universität Osnabrück. Er ist unter anderem Träger des Carrié-Schneider-Preises – verliehen von der Arbeitsgemeinschaft für Berufs- und Umweltdermatologie in der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (ABD) für besondere Leistungen in der Berufsdermatologie für seine Studien zur integrierten Versorgung von Patienten mit schweren berufsbedingten Hauterkrankungen und Allergien. 

Prof. Dr. Skudlik ist Referent in unserem Fit-für-die-Praxis-Workshops "Berufsdermatologie"

 

JuDerm sprach mit Professor Skudlik im September 2020

Herr Professor Skudlik, wie sind Sie zur Berufsdermatologie gekommen und was reizt Sie an dieser Spezialisierung besonders?

Ehrlich gesagt: Zufällig! 

In den 90-er Jahren, als ich meine Weiterbildung absolviert habe, waren die klinischen Weiterbildungsstellen relativ rar gesät. Daher habe ich nach meiner AIP-Zeit zunächst einen fachlichen Umweg genommen und war in einem internistisch-arbeitsmedizinischen Institut mit allergologischem und pulmonologischem Schwerpunkt tätig. Da dort zu einem Großteil Patienten mit beruflichen Atemwegserkrankungen diagnostiziert und behandelt wurden, hatte ich hierbei meine ersten Berührungspunkte mit BG-lichen bzw. unfallversicherungsrechtlichen Fragestellungen und auch der Begutachtung. Im Anschluss bin ich dann an die damalige Alexanderhausklinik in Davos gewechselt und fand als junger Assistent eine große Reha-Klinik gefüllt mit dermatologischen Patienten aus Deutschland vor, welche damals berufsdermatologisch völlig unterversorgt war. So kam es, dass ich fleißig bei allen Patienten, bei denen zumindest die Möglichkeit einer beruflichen Verursachung oder Verschlimmerung der Hauterkrankung bestand, Hautarztberichte an den jeweiligen Unfallversicherungsträger in Deutschland erstattete, was von den betroffenen Patienten mit ihren zumeist chronischen Dermatosen sehr begrüßt wurde und auch den Effekt hatte, dass die anderen Assistenzärzte sowie auch die Oberärzte mir ihre entsprechenden Patienten hierzu zuleiteten. Damals habe ich für die Klinik ein Rehabilitationskonzept entwickelt und publiziert, das die Fragestellungen zu beruflichen Einwirkungen auf die Hauterkrankung und Präventionsmöglichkeiten beinhaltete. Dies hatte dann auch zum Ergebnis, dass ich mich Ende der 90-er Jahre gezielt in Osnabrück, wo unter der Leitung von Jochen Schwanitz und Swen Malte John ein berufsdermatologisches Schwerpunktzentrum aufgebaut wurde, beworben habe. Mein damaliges Ziel war, in Osnabrück meine Facharztausbildung abzuschließen, meine berufsdermatologischen und allergologischen Kenntnisse hierbei zu vertiefen, und mich dann als Hautarzt niederzulassen. Letztlich ist es dann anders gekommen und ich bin in Osnabrück „hängen geblieben“ und hatte die Möglichkeit, die Entwicklung des iDerm (Institut für interdisziplinäre dermatologische Prävention und Rehabilitation an der Universität Osnabrück) und den Aufbau von zwei Klinikstandorten in Osnabrück und am BG-Klinikum Hamburg aktiv zu begleiten und mich auch wissenschaftlich zu qualifizieren. 

In dem JuDerm Workshop „Berufsdermatologie“ im September 2020 treten sie erstmals für JuDerm als Referent in Erscheinung. Wir konnten die JuDerm Sie vom Mitmachen überzeugen?

Ich musste gar nicht besonders überzeugt werden! Die Arbeitsgemeinschaft für Berufs- und Umweltdermatologie, deren Vorsitzender ich seit 2019 bin, hat sich zum Ziel gesetzt, den berufsdermatologischen Nachwuchs zu fördern. Dies tun wir auch regelmäßig in Form von Beiträgen oder Seminaren auf den verschiedensten Kongressen oder bei spezifischen Weiterbildungsangeboten für Assistenzärztinnen und Assistenzärzten in der Vorbereitung auf die Facharztprüfung. Das Angebot von JuDerm, gemeinsam einen Workshop „Berufsdermatologie“ durchzuführen, hat mich daher sehr gefreut und war sehr willkommen. Mich begeistert insbesondere hierbei das Konzept einer zweitägigen Veranstaltung mit auch der Möglichkeit außerhalb des eigentlichen Workshops miteinander ins Gespräch zu kommen. 

Warum darf die Berufsdermatologie in einem Workshop für junge Praxiseinsteiger auf keinen Fall fehlen?

Die Berufsdermatologie wird von manchen möglicherweise in ihrer Bedeutung für die Patienten einerseits, als auch die Praxen andererseits, unterschätzt. Der Bedarf an berufsdermatologischer Versorgung ist riesig und er wird in den nächsten Jahren, u. a. auch aufgrund rechtlicher Änderungen, die bereits im kommenden Jahr 2021 in Kraft treten, noch weiter steigen. Rund 60% aller in der Bundesrepublik als berufsbedingt bestätigten Erkrankungen entfallen auf Berufsdermatosen. Somit stellt die Dermatologie für die gesetzliche Unfallversicherung im Hinblick auf arbeitsbedingte Erkrankungen das mit Abstand wichtigste Fachgebiet dar. 

Praxiseinsteiger sollten sich hierbei vergegenwärtigen, dass die Versorgung von Patienten mit Berufsdermatosen im Auftrag der gesetzlichen Unfallversicherung ein wichtiges – auch wirtschaftliches – Standbein neben der Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung und von Privatpatienten ist. Hierbei sind die Möglichkeiten der Behandlung und Versorgung der Patienten deutlich besser als im Rahmen der Versorgung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies bezieht sich sowohl auf diagnostische Maßnahmen, z. B. in der Allergologie, als auch therapeutische Maßnahmen, einschließlich der Möglichkeiten der Rezeptierung von pflegenden Basistherapeutika.

Darüber hinaus würde ich mich sehr freuen, wenn sich noch mehr junge Kolleginnen und Kollegen in der Berufsdermatologie und unserer wissenschaftlichen Fachgesellschaft aktiv engagieren. Im nächsten Jahr stehen übrigens Vorstandswahlen an; es würde die ABD außerordentlich bereichern, wenn auch eine junge Kollegin bzw. ein junger Kollege aus JuDerm heraus sich für die Mitarbeit im ABD-Vorstand bewerben würde. Insofern möchte ich alle berufsdermatologisch interessierten jungen Kolleginnen und Kollegen zur Mitarbeit in der ABD bzw. im ABD-Vorstand ermuntern. 

Was hat sich in den letzten 10-15 Jahren in der Berufsdermatologie verändert bzw. welche wichtigen Entwicklungen gab es?

Die Möglichkeiten der Versorgung von Patienten mit – auch ausgeprägten und therapeutisch hartnäckigen – berufsbedingten Hauterkrankungen in der dermatologischen Praxis konnten in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten wesentlich verbessert werden; dies auch in enger Zusammenarbeit mit der gesetzlichen Unfallversicherung durch die flächendeckende Schaffung von Hautschutzschulungszentren. Diese Beratungsangebote flankieren und ergänzen die Arbeit in den Hautarztpraxen. Zudem wurden für Patienten mit besonders schwer ausgeprägten, hartnäckigen, berufsbedingten Hauterkrankungen Rehabilitationsmaßnahmen in berufsdermatologischen Schwerpunktkliniken etabliert. Es konnte im Zuge der regelmäßigen wissenschaftlichen Evaluation der ambulanten und stationären Versorgungsangebote gezeigt werden, dass dieses, die ambulante und stationäre Versorgung vernetzende Präventionskonzept, welches weltweit einzigartig ist, effektiv ist und es der deutlichen Mehrheit der Betroffenen erlaubt, mit signifikant gebessertem Hautbefund langfristig die berufliche Tätigkeit fortzuführen. Wir erwarten in diesem Zusammenhang ab dem nächsten Jahr mit Inkrafttreten einer Rechtsänderung im Sozialgesetzbuch VII zudem einen deutlichen Anstieg des Bedarfs an berufsdermatologischer Versorgung, da mit bereits gesetzlich festgeschriebener Streichung des „Unterlassungszwangs“ ein Anstieg der Anerkennungszahlen beruflich bedingter Hauterkrankungen um den Faktor 20 prognostiziert wird.

Last but not least ist darauf hinzuweisen, dass mit maßgeblicher Unterstützung aus der ABD heraus im Jahr 2015 mit der BK Nr. 5103 „Plattenepithelkarzinome und multiple aktinische Keratosen durch natürliche UV-Strahlung“ eine neue Berufskrankheit in die Berufskrankheitenliste aufgenommen wurde, welche das Spektrum der Berufsdermatologie wesentlich erweitert hat. Bereits wenige Jahre nach Einführung dieser neuen Berufskrankheit macht die BK 5103 die dritthäufigste aller in der Bundesrepublik anerkannten Berufskrankheiten aus. 

Eine zudem folgende weitere, nicht ganz unwichtige Entwicklung der letzten Jahre: Die Anstrengungen der Hautärztinnen und Hautärzte in der berufsdermatologischen Versorgung wurden zuletzt auch mit regelmäßigen Steigerungen der Gebühren in der UV-GOÄ honoriert; nach Steigerungen um 8% im Jahr 2017 erfolgten in den nachfolgenden Jahren, zuletzt zum 01.10.2019, regelmäßige Steigerungen um 3%.

Auf welche Arzt „Vortrag“ oder „Unterricht“ dürfen sich die Fit-für-die-Praxis-Teilnehmer freuen, wie würden Sie selber Ihren Stil beschreiben?

Berufsdermatologie wird oft mit dem Ausfüllen komplizierter Formulare und der Bearbeitung dicker Akten verknüpft. So manche frühere Weiterbildungsveranstaltung zum Thema hatte damit einen Schwerpunkt zum Thema „Liquidation“ mit der Vorstellung, hierdurch die Kolleginnen und Kollegen für das Fach zu begeistern. 

Ich möchte den Schwerpunkt meines Workshops vor allem auf die Bearbeitung praktischer Fallkonstellationen aus den verschiedensten Bereichen der Berufsdermatologie richten. Berufsdermatologie ist vielfältig und hat stets einen praktischen Bezug zur Lebenswirklichkeit der Patienten. Sich nicht nur auf den kurzfristigen therapeutischen Erfolg zu konzentrieren, sondern sich intensiv damit zu beschäftigen, weshalb eine Erkrankung aufgetreten ist oder immer wieder verschlimmert wird und was man tun kann, um dies künftig zu verhindern, kann ungemein befriedigend sein und Spaß machen. Hierfür möchte ich die Teilnehmer begeistern.

Herr Professor Skudlik, wir bedanken uns für das Gespräch

Das Gespräch führte Kristin Rosenow