Hyperhidrose – schwitzige Angelegenheit

Vermehrtes Schwitzen kann viele Ursachen haben. Wir unterscheiden hier die primären (idiopathischen) von den sekundären Ursachen. Hierzu gehören: Infektionen, Krebserkrankungen, endokrine Störungen, psychische Erkrankungen, neuronale Schädigungen oder Medikamenteneinfluss. Grunderkrankungen oder andere Auslöser gilt es also im Erstgespräch zu identifizieren und gegebenenfalls zu behandeln. Findet sich kein kausaler Zusammenhang für die Hyperhidrose, kann man von einer Acetylcholinen-Überreagibilität der ekkrinen Schweißdrüsen ausgehen. Diese tritt vor allem in den Achseln, Plantae, Palmae, Stirn und inguinal auf. Ein echt unangenehmes Problem für jeden Patienten! ABER es gibt Behandlungsoptionen, um die es in diesem Beitrag gehen soll.

Zur Einschätzung der Ausprägung dient zunächst die Anamnese: Gibt es Triggerfaktoren, eine familiäre Häufung? Welche Areale sind besonders betroffen? Gibt es einen zeitlichen Zusammenhang etc.? Objektiv betrachten können wir dies zum Beispiel durch die Gravimetrie. Hierbei erfolgt die quantitative Messung der Schweißmenge in einem Filterpapier über ein Zeitintervall (fünf Minuten). Das „schweißgetränke“ Papier wird anschließend gewogen und so die Schweißmenge abgeschätzt. Dann besteht noch die Möglichkeit des Iod-Stärke-Tests, der bildlich die schwitzigen Areale durch einen dunklen Farbumschlag veranschaulicht (s. Bild).

Nun gibt es ein therapeutisches Stufenschema, um den Patienten zur Schweiß- und Beschwerdefreiheit zu verhelfen. Zunächst stehen uns einige topische Antitranspiranzien zur Verfügung. Diese sind beispielsweise Aluminiumchlorid (z.B. Sweat-off®) oder Glycopyrroniumbromid (Axhidrox®). Wichtig hier ist es, den Patienten darauf hinzuweisen, die Produkte zur Nacht aufzutragen, da es nachts nicht zum vermehrten Schwitzen kommt und das Produkt nicht gleich „weggeschwemmt“ wird. Hier findet jeder unter Rollern, Schaum oder Gelen das richtige Präparat für dich richtige Lokalisation.

Sollte dies nicht ausreichen, gibt es vor allem bei der palmaren und plantaren Hyperhidrose die Empfehlung zur Leitungswasser-Iontophorese. Hier werden mit Hilfe von Wasserbädern oder feuchten Elektroden kontinuierliche oder hochfrequent gepulste Gleichströme durch definierte Hautareale geleitet. Die elektrophysiologische Funktion der Schweißdrüsen wird dadurch gestört. Initial sind mehrere Behandlungen pro Woche mit 20-30 Minuten notwendig. Bei der Aufklärung ist es dementsprechend wichtig den Patienten auf die Zeitintensivität am Anfang hinzuweisen. Im Verlauf kann man die Behandlungshäufigkeit auch reduzieren. Es gibt sogar bei entsprechender Schulung und Compliance die Möglichkeit, ein Heimgerät bei der Krankenkasse zu beantragen.

Als zweite Wahl steht bei der axillären Hyperhidrose noch die Botox-Injektion zur Auswahl. Die Behandlung kann 1–2-mal im Jahr erfolgen. Pro Seite sollten ca. 50 IE in 2,5ml über 20 Punkte verteilt werden. Systemisch können zudem Anticholinergika wie Methantheliniumbromid (Vagantin®) bei der axillärer Form oder Bornaprin (Sormodren®) aufdosierend bei jeder Form eingenommen werden. Es zeigt sich hier allerdings ein breites Nebenwirkungsspektrum von Mundtrockenheit, Verdauungsstörungen, neurologischen Symptomen bis zur Einschränkung der Fahrtüchtigkeit, über die man unbedingt aufklären muss!

Als ultima ratio steht zur guter Letzt noch das „Grenzstrang-Clipping“ als endoskopische Sympathikusblockade zur Verfügung. Diese Maßnahme ist allerdings irreversibel und kann einen Ausfall weiterer Funktionen bedingen (z.B. Horner-Syndrom). Es kann auch zum kompensatorischen Schwitzen in anderen Regionen, wie beispielsweise am Rücken, kommen.

Zu jeder Therapieform begleitend können unterstützende Maßnahmen hinzukommen. Dazu gehören psychologische Mitbetreuung wie auch Entspannungsverfahren. Viele schwören auch auf Salbei – in dieser Jahreszeit als Tee ja auch sehr passend.

Dieser Beitrag basiert auf der Arbeit von Dr. Caren Meyer zu Altenschildesche.

Liebe Grüße und eine schöne Herbstzeit,
Linda