Die Influencer - Dermatitis

Die Periorale Dermatitis - früher "Stewardessen-Krankheit" - hat einen neuen Verbreitungsweg: das Internet

Hautpflege ist zu einem großen Hype auf Social Media geworden. Und obwohl es gut ist, dass sich immer mehr - vor allem auch junge - Menschen mit Hautgesundheit  und Sonnenschutz beschäftigen, birgt dieser Trend neue Gefahren, sowohl für die  Haut als auch für die psychische Gesundheit. 

Denn häufig werden auf Instagram oder TikTok Hautpflegeroutinen mit bis zu 20  Schritten gezeigt, die zu schönerer Haut - im Jargon „glass skin“- führen sollen. Besonders junge Erwachsene, die mit Hautproblemen wie Akne kämpfen, sind  anfällig für die Versprechungen der Instagrammer und TikToker, da sie sich eine  schnelle Lösung für ihre Hautprobleme erhoffen. Hier sind jedoch deutliche Risiken  zu erkennen: Zu viele Produkte, vor allem solche mit potenziell reizenden  Wirkstoffen wie Salicylsäure, Retinol oder Vitamin C, können die Hautbarriere  schädigen und Irritationen hervorrufen. Die Anwendung mehrerer solcher Wirkstoffe gleichzeitig überlastet die Haut, was  nicht nur zu Reizungen führen, sondern langfristig auch das Mikrobiom und somit  die Hautbarriere destabilisieren kann. Aus klinischer Sicht ist eine Vielzahl aktiver  Inhaltsstoffe, die im Zusammenspiel auf die Haut einwirken, problematisch – insbesondere, weil die Verträglichkeit der Produkte untereinander oft nicht ausreichend erforscht ist. 

Es ist ein weit verbreiteter Trend, Hautpflegeprodukte zu kombinieren, die auf  spezifische Hautprobleme abzielen. Dabei werden oft Produkte verwendet, die nur  einen aktiven Wirkstoff beinhalten. Durch die Kombination der Wirkstoffe erhoffen  sich viele eine maßgeschneiderte Pflege, passend zu den Bedürfnissen und  Problemen der eigenen Haut. Während dieser Ansatz in der Theorie Sinn ergibt,  stellt sich in der Praxis die Frage nach der Sicherheit dieser Kombinationen. Viele  dieser Produkte wurden nicht in Kombination mit anderen Wirkstoffen getestet, was  bedeutet, dass ihre Wechselwirkungen nicht ausreichend untersucht sind. Einige  Wirkstoffe wie Retinol und Vitamin C können in Verbindung mit anderen  Inhaltsstoffen oxidieren oder in ihrer Wirkung abgeschwächt werden, was das  Hautbild negativ beeinflussen kann. Zusätzlich kann die Wechselwirkung zwischen verschiedenen Hautpflegeprodukten  zu einer kumulativen Hautbelastung führen. Dies hat Auswirkungen auf den  Säureschutzmantel der Haut, der bei übermäßiger Pflege gestört werden kann. Dies  führt zu einer erhöhten Anfälligkeit für Irritationen, Trockenheit und  Hauterkrankungen wie das periorale Ekzem. Dieses entzündliche Hautbild manifestiert sich in der Regel als Papeln und Pusteln  im Bereich um den Mund und kann sich gegebenenfalls auch auf die Wangen und  Augenlider ausbreiten. Früher wurde es als „Stewardessen-Krankheit“ bezeichnet,  da es insbesondere bei Flugbegleiterinnen auftrat. Die Exposition gegenüber der  trockenen Luft in Flugzeugen führte dazu, dass sie ihre Haut intensiver pflegen mussten – was jedoch häufig zu einer Überpflege und letztlich zum Ausbruch des perioralen Ekzems führte.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist der psychologische Aspekt der Hautpflege-Routine. Der Begriff „Beauty Junkie“ beschreibt eine wachsende Zahl von Menschen, die durch die ständige Suche nach dem perfekten Hautpflegeprodukt in einen Teufelskreis der Überpflege geraten. Die Vorstellung, durch kosmetische Interventionen schnell ein perfektes Hautbild zu erreichen, kann zu einem obsessiven Verhalten führen, bei dem immer neue Produkte ausprobiert und in die Routine integriert werden. Diese Art von Verhalten kann nicht nur zu Hautschäden führen, sondern auch mit psychischen Problemen wie Angst und Frustration verbunden sein, wenn die erhofften Ergebnisse ausbleiben.Das übermäßige Anwenden von Hautpflegeprodukten kann mit einer Sucht nach der Kontrolle über das eigene Hautbild in Verbindung stehen, wobei die Patienten versuchen, durch ständige Produktanpassung eine „perfekte“ Haut zu erzielen. Dies kann zu einem Verlust des Selbstwertgefühls führen, besonders bei jungen Menschen, die unter Akne oder anderen Hauterkrankungen leiden.

'Der Hauptpunkt, den wir aus dieser Entwicklung ziehen können, ist das, was viele Dermatologen bereits immer wieder betonen: Eine zu umfangreiche Hautpflege führt nicht unbedingt zu besseren Ergebnissen. Tatsächlichschadet eine übermäßige Anwendung von Hautpflegeprodukten oft mehr, als dass sie nützt. Die ideale Hautpflege sollte auf die individuellen Bedürfnisse der Haut abgestimmt und so simpel wie möglich gehalten werden, ohne dass unnötig viele Produkte miteinander kombiniert werden.
 
Wir können unseren Patienten dabei helfen, einen bewussteren und nachhaltigeren Umgang mit ihrer Haut zu entwickeln. Indem wir zusammen mit ihnen eine individuelle Hautpflege-Routine erarbeiten, beugen wir der Versuchung vor, ständig neue Produkte auszuprobieren, welche die Haut eher irritieren als verbessern.Genauso wichtig ist es, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass Hautgesundheit Zeit braucht und es meist keine schnellen Lösungen gibt. Regelmäßige Nachkontrollen ermöglichen es, Fortschritte realistisch einzuschätzen und die Behandlung gezielt anzupassen – so lassen sich Enttäuschungen vermeiden, die oft dazu führen, dass immer mehr Produkte gekauft werden und die Haut in ihrem Heilungsprozess und ihren Funktionen gestört wird.

Und was lernen wir nun aus dieser Geschichte? Das, was schon viele Generationen 
vor uns wussten: Viel hilft nicht immer viel! Manchmal ist weniger einfach mehr.

Eure Constanze