AGNES Seminar 2024

Neurodermitis, Allergien und Juckreiz

Neurodermitis, auch als atopische Dermatitis bezeichnet, ist eine Hauterkrankung, die sich durch trockene Haut, vor allem an beugeseitigen Lokalisationen und starken Juckreiz auszeichnet. Oft kommt es durch den Teufelskreis aus Juckreiz, Kratzen, trockener Haut und Superinfektion zu Ekzemen, die je nach Lebensalter und Lokalisation akut oder sogar chronisch werden können. Weil sich die Neurodermitis in mehr als der Hälfte aller Fälle vor dem ersten Lebensjahr zeigt, wenden sich betroffene Eltern mit ihren Säuglingen an den betreuenden Kinderarzt oder ihre Dermatologin.

Dabei liegt es dann an uns Hautärzten, die Familie über Ursache, Symptome und Therapie, sowie Prognose umfassend aufzuklären. Und weil das manchmal in kurzer Sprechstundenzeit und unter Berücksichtigung möglicher Komorbiditäten gar nicht so einfach ist, hat sich der deutsche Allergie- und Asthmabund e.V. dazu beraten. Zusammen haben diese mit den medizinischen Fachgesellschaften das sogenannte AGNES-Konzept erarbeitet. AGNES ist ein eingetragener Verein und beschreibt die Arbeitsgemeinschaft für Neurodermitis-Schulung.

Der Dachverband bietet dabei online und in ausgewählten Zentren vor Ort Informationen über die Neurodermitis, sowie Ausbildungsmöglichkeiten für Trainer (in solchen Schulungen).

Als angehender Dermatologe sehe ich viele Kinder (und Familien) mit atopischen Ekzemen, weswegen mir eine empathische Gesprächsführung bei Vorstellung in der Praxis am Herzen liegt. Um dieses mit sinnvollen Inhalten und praktischen Empfehlungen zu füllen, entschied ich mich dazu, AGNES e.V. Neurodermitistrainer zu werden.

Auf der online-Seite des Dachverbands sind verschiedene Schulungszentren mit Ausbildungszeiten gelistet. Um sich als Neurodermitistrainer zu qualifizieren muss man als Hautarzt eine mindestens zweijährige berufliche Tätigkeit nachweisen, in der man auch mit dem Krankheitsbild Kontakt hat. Es schließen sich zwei obligate Module an, das sogenannte Basismodul und das Aufbauseminar. In diesen Wochenendkursen wird das Konzept der Patientenschulung inhaltlich und didaktisch vorgestellt. Dabei liegt das Augenmerk in der Ausbildung nicht nur in der Wissensvermittlung, sondern hat auch Train-the-Trainer-Charakter. Die Dozenten sind allesamt Trainer in Ihrem Fachgebiet und können so über Tricks und Stolperfallen berichten.

Als Hautarzt kann man zum Beispiel gar nicht oft genug auf Schwarztee-Umschläge bei Juckreiz hinweisen. Man sollte seinen Patientinnen und Patienten aber verdeutlichen, dass eingelegte Baumwoll- oder Leinenstoffe genutzt werden (und eben nicht die Teebeutel an sich). Aber das ist nur eine der Herausforderungen in der Schulung über Neurodermitis.

Viel wichtiger ist es, durch eine empathische und strukturierte Gesprächsführung auf die individuellen Elterngruppen eingehen zu können. Je nach Krankheitsbild des Kindes ergeben sich spezielle Fragen, die in der jeweiligen Gruppendynamik von vier Elternpaaren zutage kommen. 

Das AGNES-Konzept sieht vor, dass jeder zukünftige Trainer an „wirklichen“ Familienschulungen teilnehmen kann. Ich konnte meine Hospitationen remote, also aus der Ferne vom Rechner aus durchführen. Dabei war es besonders lehrreich zu sehen, wie meine Kollegin Dr. Sandra Hanneken trockene Haut anhand von Bildern erklärte. Mit ihrem „Hauthaus“ verstanden die Eltern z. B., dass bei der atopischen Dermatitis das Dach (als Epidermis) porös und somit die Haut anfälliger für Infektionen und Ekzeme ist.

Nun liegt es an mir, die vermittelten Inhalte zusammenfassen und eine dermatologische Schulung über Neurodermitis vor betroffenen Eltern zu halten. Dabei werde ich vom Dachverband begleitet und supervidiert. In einer abschließenden Gesprächsrunde bekomme ich direkt Feedback darüber, was gut lief und was schlecht lief – und im besten Fall eine Aufnahme in das Verzeichnis als AGNES e.V. Neurodermitistrainer.

Ich halte euch also auf dem Laufenden, kann aber so viel verraten: neben Aufklärung über Leitlinientherapie und Komorbiditäten ist das AGNES-Seminar vor allem praktisch orientiert. Durch Schulungen in Ernährungsmedizin, Hautpflege und Psychologie kann kleinen Patientinnen und Patienten umfassend geholfen werden, weil ich als Arzt die Auswirkungen im Alltag durch Neurodermitis nun praktisch und bildlich fassen kann. 

Benjamin

 

Quellen und weiterführende links:
www.neurodermitisschulung.de
www.faak-koeln.de
www.aak.de
www.neurodermitis-bund.de