Was ist eigentlich ein Medizinprodukt?
8. November 2024
Interviewer juDerm: Benjamin / DigiDerma4Ju
Interviwepartner: Philip Kopf / QuR & Jan B. Elsner / Skinuvita
Im Rahmen der vergangenen DermChange, der Jahrestagung des BVDD, fand auch der jährlich stattfindende DigiDerma Campus seinen Raum.
Vor Ort war Jan Elsner, Gründer von Skinuvita, der ein Medizingerät zur mobilen Lichttherapie entwickelt hat. Jan, der selber Psoriasis Patient ist, hat sich dazu entschlossen ein kleines Team zusammen zustellen, um eine digitale Versorgungsmöglichkeit mittels Phototherapie zu entwickeln.
Grund genug für JuDerm in der Rubrik DigiDerm4Ju seine Innovation hinsichtlich Praxistauglichkeit zu beleuchten. Dabei müssen wir auch ausholen und erklären, was überhaupt Medizinprodukte sind und welche Rolle evidenzbasierte Forschung hat.
Doch dazu später mehr...
Auf der Bühne hat Jan seine Business Idee „gepitcht“. Sein Team und er erhoffen sich, Patienten mit chronischen Hautkrankheiten wie Psoriasis oder Neurodermitis die UV-Therapie sicher und bequem nach Hause zu bringen. Normalerweise erfordert diese Therapie häufige Besuche in dermatologischen Praxen. Skinuvita möchte dieses Versorgungsproblem mittels einem vernetzten System aus einer Patienten-App, einem Überwachungs-Tool für Dermatologen und einem intelligenten UV-Gerät, das automatisch die Dosierung anpasst, lösen. Dadurch soll die Therapie nicht nur zugänglicher gemacht, sondern auch die Notwendigkeit für starke Medikamente mit potenziellen Nebenwirkungen gesenkt werden.
In seiner Entwicklung hatte Jan mit vielen regulatorischen Themen Berührungspunkte. Eine Thematik, mit der sich auch Philipp Kopf auskennt. Philipp ist Mitgründer von Qu.R., der junge StartUps von der Idee eines Medizinproduktes bis zur Zulassung (und darüber hinaus) begleitet. Seiner Einschätzung nach ist es vor allem die Dermatologie, die digitale Innovationen unterstützt und vorantreibt (und zollt damit indirekt auch dem DigiDerma Campus Konzept Tribut).
Er erklärt: „In der EU ist die Medizinprodukteverordnung (MDR) entscheidend, die umfassende Anforderungen für die Zulassung von Medizinprodukten festlegt“.
„Diese regulatorischen Anforderungen sollen die Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit des Produkts gewährleisten“, so Philipp. Er fährt fort: „Als erstes gilt es ein Medizinprodukt zu klassifizieren, je nach Risiko in Klasse I, IIa bzw. b oder III. Die Klasse selbst bestimmt den Umfang der Prüfungen und Zulassungsordnungen“.
Auch das hat Jan bereits hinter sich: mit seinem Team musste er eine detailllierte Dokumentation des Produkts erstellen, die das Design, die Herstellung, die Risikobewerung und Prüfbereichte umfasste.
„Ferner bedarf es eines Risikomanagements“ fügt Philipp lächelnd hinzu.
Gerade ist Jan mit seinem Team in der klinischen Bewertung. Für viele Medizinprodukte, wie auch seines, sind klinische Daten wichtig, die zeigen, dass ihr Produkt sicher und wirksam ist.
„Wir steuern ein Therapiegerät und unsere Bestrahlungslampe ist Klasse IIa“ zeigt Jan stolz. Daher kooperiert Skinuvita u.a. mit dem UKE, der Uniklinik Regensburg, der Fachklinik Bad Bentheim und der Universitätsklinik Greifswald. „Dort haben wir eine klinische Studie laufen, um letztendlich Sicherheit und Leistung darzulegen“, sagt Jan. Erst danach kann aufgrund der erlangten medizinschen Evidenz eine Erstattungsfähigkeit diskutiert werden. „Man denkt immer, dass in einem StartUp alles ganz schnell geht“, lacht Jan. Sein Team arbeitet seit drei Jahren am Produkt und erst jetzt sind sie in die klinische Studienphase gestartet.
„Die klinische Bewertung ist nur ein Baustein im Rahmen des Zulassungsprozesses“, ergänzt Philipp. „Die Arbeit hört nicht auf – auch nach der Zulassung muss es intern ein System zur Überwachung und Meldung von Zwischenfällen und unerwünschten Wirkungen betreiben – das wird Marktüberwachung und Vigilanzsystem genannt“.
„Das ganze ist ein ganz wichtiges Thema – ich kenne kein dermatologisches Startup, das sich in dieser Hinsicht externe Beratung holte oder sich damit selbst auskennt – ohne Medizinprodukt kommt man digital nicht weit“, pflichtet ihm Jan bei.
Die Arbeit hat sich für Jan uns sein Team bereits jetzt mehr als gelohnt. „Wir sehen schon in unseren ersten Studienergebsnissen: wir verbessern die Lebensqualittät von Menschen – ich habe das Gefühl, wir können etwas sinnvolles machen.“
Welche Idee kann Philipp jungen Gründern an die Hand geben, die vielleicht selber an einer digitalen Versorgungsidee in der Dermatologie tüfteln?
„Man sollte einen Plan haben und von hinten denken“ erläutert er. „Damit meine ich, sich zu fragen: welche Anforderungen gibt es an mein Produkt und wer kann da unterstützen?“
Mit Sicherheit wir Dermatologen und das nicht nur im Rahmen des DigiDerma Campus. Stay tuned!
Copyright: Benjamin Kroh
Quellen und weiterführende Links: