Der Dunning-Kruger-Effekt
Der Dunning-Kruger-Effekt beschreibt das psychologisches Phänomen, das Menschen mit geringer Kompetenz dazu neigen, die eigenen Fähigkeiten eher zu überschätzen. Insbesondere betrifft dies Situationen, in denen es schwierig ist, die eigene Inkompetenz zu erkennen. Hier fallen mir direkt mehrere ein: komplex geriatrische Patienten im Delir, allergologische Notfälle, onkologische Patienten mit Immuntherapie-vermittelten Nebenwirkungen (Addison-Krise, jegliche akute Ausfälle der Hypophyse und deren Folgen, Pyrexien und progrediente AZ-Minderung).
Bei jungen Assistenzärzten wird der Dunning-Kruger-Effekt insbesondere in den frühen Stadien ihrer medizinischen Ausbildung und Karriere beobachtet. Zu Beginn verfügen wir schließlich über begrenzte Kenntnisse und Erfahrungen. Dies kann zu einer eingeschränkten Einschätzung unserer Fähigkeiten führen.
Ein Beispiel dafür könnte unter anderem sein, dass junge WBA nach dem Abschluss des Studiums und einigen praktischen Erfahrungen annehmen, bereits über ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten zu verfügen, um eigenständig komplexe medizinische Entscheidungen zu treffen. In Wirklichkeit fehlt unter Umständen oft noch das erforderliche Fachwissen und die praktische Erfahrung, um komplexe Situationen angemessen zu bewerten und zu behandeln.
Ich denke es ist wichtig anzumerken, dass sicherlich nicht alle jungen Assistenzärzte vom Dunning-Kruger-Effekt betroffen sind, und viele von uns eine realistische Selbsteinschätzung haben. Mit zunehmender Erfahrung und Weiterbildung entwickelt sich in der Regel ein besseres Verständnis für die eigenen Grenzen und eine angemessenere Wahrnehmung der eigenen Fähigkeiten.
Um den Einfluss des Dunning-Kruger-Effekts zu minimieren, ist eine kontinuierliche Reflexion und ein offener Dialog über die eigenen Fähigkeiten und Grenzen wichtig. Hier sind regelmäßige Personalgespräche von maßgeblicher Bedeutung. Medizinische Ausbildungsprogramme und Mentoren spielen eine weitere wichtige Rolle bei der Unterstützung junger WBA, indem sie uns Feedback geben, unseren Fortschritte bewerten und uns auf dem Weg zur Kompetenzentwicklung maßgeblich begleiten und fördern können.
Ein gutes Mentoring-Programm sollte meines Erachtens nach folgende Elemente umfassen:
1. Klare Ziele und Erwartungen:
Das Mentoring-Programm sollte klare Ziele für unsere Entwicklung definieren. Dies ermöglicht uns eine gezielte Fokussierung auf die Bereiche, in denen wir Unterstützung und Weiterbildung benötigen.
2. Regelmäßige Kommunikation:
Regelmäßige Treffen oder Kommunikation zwischen Mentor und WBA sind wichtig, um den eigenen Fortschritt zu überwachen, Fragen zu besprechen und Feedback zu geben und einzuholen. Ein offener Dialog ermöglicht es uns WBA, unsere Herausforderungen und Erfolge zu teilen und von den Erfahrungen unserer Mentoren zu profitieren.
3. Individuelle Unterstützung:
Ein gutes Mentoring-Programm sollte unsere individuellen Bedürfnisse und Entwicklungsbereiche berücksichtigen. Die Mentoren sollten in der Lage sein, individuelle Unterstützung, Anleitung und Ressourcen anzubieten, um den Fortschritt der WBA entsprechend zu fördern.
4. Feedback und Bewertung:
Die Mentoren sollten ihren WBA regelmäßig Feedback geben, um uns eine realistische Einschätzung unserer Fähigkeiten zu ermöglichen. Konstruktives Feedback hilft uns jungen Ärzten dabei, unsere Stärken weiterzuentwickeln und an ihren Schwächen zu arbeiten.
5. Gelegenheiten zur Weiterbildung:
Ein gutes Mentoring-Programm sollte uns jungen WBA Möglichkeiten bieten, uns weiterzubilden und unser Wissen und unsere Fähigkeiten zu erweitern. Dies kann durch die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen, Konferenzen, Workshops oder Journal Clubs erreicht werden.
Zusammenfassend möchte ich festhalten, dass Mentoren eine objektive Perspektive bieten und Feedback zu unseren Leistungen und Fortschritten geben können. Sie helfen uns WBA dabei, unsere Stärken und Schwächen zu erkennen, unsere Fähigkeiten gezielt zu verbessern und ein angemessenes Verständnis für unsere Kompetenzen zu entwickeln. Mentoren fördern auch die Selbstreflexion und regen zu einem offenen Dialog über die eigenen Fähigkeiten und Grenzen an.
Darüber hinaus bieten Mentorenprogramme uns die wertvolle Möglichkeit, von den Erfahrungen und Best Practices unserer Mentoren zu lernen. Mentoren können gezielte Unterstützung, Anleitung und Ressourcen anbieten, um unsere Entwicklung zu fördern und uns den Weg zum Erfolg zu ebnen.
Insgesamt sind Mentorenprogramme ein wertvolles Instrument, um den Dunning-Kruger-Effekt zu überwinden und eine realistische Selbsteinschätzung sowie eine kontinuierliche Kompetenzentwicklung zu fördern. Durch die Schaffung einer unterstützenden Lernumgebung und den Austausch von Wissen und Erfahrungen tragen Mentorenprogramme dazu bei, uns junge WBA auf unserem Karriereweg zu begleiten und unsere beruflichen Fähigkeiten zu stärken.
Isaac Newton verwendete hier eine passende Metapher, welche mir als Inspiration für das Titelbild dient:
“If I have seen further it is by standing on ye shoulders of giants.”
„Wenn ich weiter geblickt habe, so deshalb, weil ich auf den Schultern von Riesen stehe.“ – Brief an Robert Hooke, 5. Februar 1676.
Wie schaut es bei Euch aus? Berichtet gerne von Euren Erfahrungen in den Kommentaren.
Eure Regina
Referenzen:
Nicolas Poussin, Public domain, via Wikimedia Commons
de.wikipedia.org/wiki/Zwerge_auf_den_Schultern_von_Riesen