Ein typischer Tag auf der onkologischen Tagesklinik

Foto© Anna Shvets (pexels)

Früh morgens startet der Tag auf der onkologischen Tagesklinik mit Blutentnahmen und Zugänge legen. Erstmal muss man sich kurz einen Überblick über die Patienten verschaffen. Wer kommt heute? Was liegt bei welchem Patienten an? Da ist klar im Vorteil, wer schon länger auf der Tagesklinik eingesetzt ist – mit der Zeit kennt man die Patienten persönlich und weiß genau, wer welche Diagnose hat und welche Therapie bekommt. Nach den morgendlichen Blutentnahmen beginnt das Warten auf die Ergebnisse. Denn nur, wenn die Blutwerte in Ordnung sind, dürfen die Patienten auch ihre Therapie bekommen. In der onkologischen Tagesklinik sind meist Patienten mit Melanom, Plattenepithelkarzinom oder selteneren Tumoren wie Merkelzellkarzinome in fortgeschrittenen Stadien. Diese bekommen ihre Systemtherapien wie Ipilimumab-Nivolumab Kombination oder Nivolumab-Monotherapie, Pembrolizumab, Cemiplimab oder andere. Enorm wichtig bei diesen Systemtherapien ist, dass bei den Patienten mögliche Nebenwirkungen sofort erkannt werden. Deshalb werden die Patienten am Morgen nach ihrem Befinden, insbesondere nach möglichen Symptomen wie Übelkeit, Kopfschmerzen, Nerven-/Muskelausfällen, Diarrhoe oder Magen-/Darmbeschwerden befragt. Bei der Einteilung von Nebenwirkungen ist die CTCAE-Klassifikation wichtig – Common Terminology Criteria for Adverse Events. Je nach Schweregrad muss die Therapie sogar unterbrochen oder komplett abgebrochen werden. Die Nebenwirkungen werden meist mit systemischen Glukokortikoiden oder weiteren Immunsuppressiva wie Infliximab bei immunvermittelter Kolitis behandelt und die Patienten manchmal sogar stationär aufgenommen. Hier ist es gut, die Patienten und ihre Eigenarten zu kennen. Denn während z. B. Herr Müller in Zimmer 2 bei jeglichen Symptomen auf dem Notfalltelefon anruft und die Anweisungen sehr ernst nimmt, gibt es da Frau Hoffmann in Zimmer 4, die mehr als 10 Durchfälle am Tag hat und nicht Bescheid sagt. Da muss man natürlich mit Frau Hoffmann nochmal ausführlich besprechen, was eine Kolitis zur Folge haben kann und sie eindringlich bitten, sich bei Nebenwirkungen zu melden. Die Zeit bis zum Eintreffen der Blutergebnisse kann man dann auch für die regelmäßigen leitliniengerechten Ganzkörperscreenings und Lymphknoten-Sonographien bei den Patienten nutzen. Dabei fallen oft weitere dermatologische Beschwerden auf, die nicht unbedingt etwas mit der onkologischen Diagnose zu tun haben. Dann wird noch schnell ein Rezept für das Ekzem von Herrn Müller ausgestellt oder man gibt Pflege-Tipps für trockene Haut. Außerdem werden die Stagingergebnisse mit den Patienten besprochen und weitere Stagingtermine vereinbart. Es ist immer spannend, wenn diese Befunde eintreffen. Denn daran sieht man z.B., ob sich bei Herrn Müller die Metastasen zurückgebildet oder ausgebreitet haben und es wird über die weitere Therapie beratschlagt. Die Therapieentscheidung fällt man je nachdem, ob beim Patienten ein Progress, eine stable disease oder Regress festzustellen ist. Zwischendurch klickt man wieder ins System und siehe da – die Blutergebnisse sind da. Während bei den meisten alles in Ordnung ist, hat Herr Schneider in Zimmer 3 eine Erhöhung der Herzenzyme, sodass eine immunvermittelte Myokarditis ausgeschlossen werden muss. Also wird Troponin-T nachgemeldet, ein EKG durchgeführt und der Patient nochmal körperlich untersucht. Bei weiteren Auffälligkeiten erfolgt die Rücksprache mit den Kardiologen. So kann es manchmal sein, dass die Patienten indie Tagesklinik kommen in der Hoffnung, die i.v.-Gabe des Medikaments bekommen zu können, jedoch wegen unerwünschter Ereignisse keine Gabe stattfinden kann. Somit werden die Blutwerte nach ein paar Tagen erneut kontrolliert und der Patient mit systemischen Glukokortikoiden behandelt. Die Gabe kann dann meist zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Während die Infusionen bei den anderen Patienten laufen, hat man meist Zeit für die Briefe oder um weitere organisatorische Dinge zu erledigen. Spannend ist immer das Tumorboard, bei dem die Patienten interdisziplinär vor Radiologen, Strahlentherapeuten und weiteren Fachdisziplinen vorgestellt werden. Denn nur ein Tumorboardbeschluss rechtfertigt die Änderung oder Anpassung der Therapie. Beim Tumorboard gilt es, möglichst prägnant alle wichtigen Informationen zum Patienten darzulegen, sodass die Kollegen der anderen Fachdisziplinen einen kurzen Überblick über den Verlauf der Erkrankung und bisherigen Therapien bekommen. Am späten Nachmittag oder frühen Abend verlässt meist der letzte Patient die Tagesklinik, bekommt seine Wiedervorstellungstermine und verabschiedet sich. Nun wirkt die Einrichtung ganz ruhig und leer, bis es am nächsten Morgen wieder losgeht und die Räume durch die Patienten belebt werden.

Ich hoffe, ich konnte euch einen kurzen Einblick in den Alltag in auf der onkologischen Tagesklinik geben. Mir persönlich gefällt die Onkologie sehr gut. Wer gerne Patienten über einen langen Zeitraum betreut, Interesse an den dermatologisch-internistischen Überschneidungen in der Onkologie und den spannenden Pathomechanismen der verschiedenen Systemtherapien hat, sollte definitiv eine Rotation in die Dermatoonkologie anstreben!

Katharina