Dr. med. Klaus Strömer
20. Oktober 2023
Dr. Strömer ist ehemaliger BVDD-Präsident und jetziger Refent für Digitales im BVDD.
Mit dem Facharzt in der Tasche beginnt ein neuer Abschnitt als Dermatologe. Wer bereits über eine Niederlassung nachgedacht hat, für den stehen jetzt ganz konkrete Schritte an. Für alles gibt es dabei Unterstützung, denn Steuerberater, Fachanwälte und andere Berater stehen mit Fachkompetenz zu rechtlichen und strukturellen Fragen zur Verfügung. Doch auch wenn fachlich und technisch alles geklärt ist, die Finanzierung steht, geeignete Räume gefunden sind, gibt es manchmal noch diese kleine Unsicherheit. Der Praxisalltag ist so ganz anders als der in einer Klinik. Plötzlich muss Personal geführt werden, Patienten rufen auch schonmal den Privatanschluss am Wochenende an, für die Abrechnung gibt es keine eigene Krankenhaus-Abteilung mehr. Wie führe ich ein kleines Praxisteam? Wie strukturiere ich meine Sprechzeiten? Sind Patienten jetzt auch „Kunden“ mit all dem erwarteten extra Service? Wer erklärt mir die komplizierte Praxis-Software und wie soll ich nur die Abrechnung schaffen? Was, wenn ich die Selbständigkeit dann doch nicht mehr mag? Warum es sinnvoll sein kann, die Praxisroutine und all die Besonderheiten in einer Niederlassung als Facharzt mit entsprechender Verantwortung zunächst als Angestellter zu „testen“, erfahren wir von Dr. Klaus Strömer, Niedergelassener Dermatologe aus Mönchengladbach und Präsident des BVDD.
JuDerm: Wie erinnern Sie sich an Ihren eigenen Start in die Niederlassung? War das ein Sprung ins kalte Wasser?
Dr. Strömer: Auf jedem Niederlassungsseminar, das der BVDD anbietet, erlebe ich wieder die gleichen Fragen, die mich damals auch bewegt hatten. Allerdings hatte ich vor der eigenen Niederlassung 15 Monate in einer Praxis gearbeitet. Obwohl ich also den Praxisalltag schon kannte, hatte ich alle Hände voll zu tun, neben der Medizin auch alle anderen Themen zu bedienen. Ohne diese 15 Monate Vorbereitung konnte ich mir damals und kann ich mir heute eine Niederlassung gar nicht vorstellen.
JuDerm: Welche Herausforderungen sind aus Ihrer Sicht speziell in einer Niederlassung zu erwarten?
Dr. Strömer: Arbeitsrhythmus, Multitasking, Sozialrecht, Gebührenordnung, Personalführung und Beschwerdemanagement sind nur einige komplexe Anforderungen, die mir auf Anhieb einfallen.
JuDerm: Welche Dauer würden Sie für eine Anstellung als Vorbereitung auf die eigene Niederlassung empfehlen?
Dr. Strömer: Ich will es mal so formulieren, wenn ich mich heute nach über 20 Jahren Erfahrung nochmal neu niederlassen würde, fühlte ich mich pudelwohl. Vor 10 Jahren hätte ich keine größeren Probleme mehr gehabt, vor 15 Jahren hätte ich mich ausreichend sicher in allen Belangen gefühlt, vor 18 Jahren wäre ich sicher genug gewesen, den Schritt zu wagen, vor 19 Jahren hätte ich bei äußerem Druck pragmatisch entschieden, dass ich zumindest schon deutlich mehr weiß, als viele andere, die ohne Vorwissen den Sprung wagen, ich hätte die Wahrscheinlichkeit einer Bruchlandung also als überschaubar eingeschätzt.
JuDerm: Eine befristete Tätigeit in einer Praxis also - ist das auch für Praxisinhaber attraktiv? Wer bietet das an? Haben Sie Erfahrungen mit befristeten Mitarbeitern?
Dr. Strömer: Wer heute seine gut gehende Praxis in den nächsten 3-5 Jahren abgeben will, tut gut daran, intelligente Modelle anzubieten, die einen reibungslosen Übergang und eine gute Kalkulierbarkeit ermöglichen. Wenn die junge Kollegin oder der Kollege auf der Suche nach dem geeigneten Objekt für die eigene Selbstständigkeit das Klientel, das Leistungsspektrum, das Personal, eben das ganze Umfeld gut kennt, tut er sich viel leichter, einzusteigen. Er weiß dann genau, womit der alte Hase sein Geld verdient hat, wie er es verdient hat und ob man sich das Gleiche auch zutraut.
JuDerm: Bieten Sie in Ihrer Praxis derzeit Stellen dieser Art an? Und wenn ja: Was erwarten sie von einem Dermatologen der sich in Ihrer Praxis bewirbt?
Dr. Strömer: Seit den 90er Jahren bieten wir derartige Stellen an, eine ganze Reihe von Kolleginnen und Kollegen, denen ich die Tricks und Kniffe der Gebührenordnungen erklären durfte, die meine Art des Umgangs mit zeitaufwändigen Patienten oder die Vorteile eines Qualitätsmanagements erleben konnten, führen heute wirtschaftlich wie medizinisch sehr erfolgreiche Unternehmen. Und tatsächlich suche ich aktuell wieder jemanden, der Interesse an einem solchen Modell hat. Die nächste Kollegin schickt sich an, eigene Ideen in eigener Regie umzusetzen. Und ich stehe auch an der Schwelle, eine Abgabe der Praxis oder die Übernahme einer Teilverantwortung anzubieten, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Ehrlich gesagt möchte ich nicht bis zum Eintritt ins gesetzliche Rentenalter weiter arbeiten wie bisher, sondern kann mir eine Reihe von neuen Herausforderungen und Alternativen vorstellen.