Versorgungsforschung in der Dermatologie
27. August 2024
Die steigende Zahl an dermatologischen Erkrankungen ist ein oft diskutiertes Thema, sowohl in der Öffentlichkeit als auch in der medizinischen Fachwelt. Aber wie wird objektiv gemessen, ob tatsächlich ein Anstieg in der Prävalenz solcher Erkrankungen vorliegt und wie können wirksamere Versorgungsstrategien entwickelt werden? Hier kommt die Versorgungsforschung ins Spiel – eine Disziplin, die sich mit der Evaluation und Optimierung der medizinischen Versorgung beschäftigt. Doch was genau ist Versorgungsforschung und welche Rolle spielt sie im Bereich der Dermatologie?
Was ist Versorgungsforschung?
Versorgungsforschung ist ein Bereich der Gesundheitsforschung, der darauf abzielt, die Organisation, die Steuerung und die Finanzierungsfragen der Kranken- und Gesundheitsversorgung zu untersuchen (1). Im Zentrum steht die Frage, welche Maßnahmen in der realen Welt tatsächlich zu einer Verbesserung der Patientenversorgung beitragen und ob diese wirtschaftlich sinnvoll sind. Die Forschung umfasst die Analyse der Häufigkeit von Erkrankungen, die Untersuchung der Wirksamkeit von Therapien und die Inanspruchnahme von medizinischen Leistungen.
Wichtige Fragestellungen der Versorgungsforschung sind u.a. (1):
- Wirksamkeit von Therapien: Wie effektiv sind verschiedene Behandlungsmethoden im Alltag?
- Häufigkeit von Erkrankungen: Welche Erkrankungen treten wie oft auf und welche demographischen Faktoren spielen dabei eine Rolle?
- Inanspruchnahme von Leistungen: Wie nutzen verschiedene soziale Schichten die medizinischen Angebote?
- Kosten-Nutzen-Abwägung: Wie stehen Kosten und Nutzen von Therapien im Verhältnis zueinander?
- Verbesserungsmöglichkeiten: Wie können zum Beispiel Behandlungsschritte optimiert werden? Wie kann die Zusammenarbeit von Akteuren im Gesundheitssystem verbessert werden?
Versorgungsforschung in der Dermatologie
Auch in der Dermatologie spielt die Versorgungsforschung eine zentrale Rolle, da Hauterkrankungen wie Psoriasis, Atopische Dermatitis und Akne Vulgaris zunehmend im Fokus stehen. Neben diesen häufigen Erkrankungen widmet sich die Forschung auch selteneren Leiden wie Neurofibromatose oder Pyoderma Gangrenosum (2).
Die Qualität und Validität der Ergebnisse in der Versorgungsforschung hängt maßgeblich von den verfügbaren Datenquellen ab. Im Bereich der dermatologischen Versorgungsforschung kommen vielfältige Datenquellen zum Einsatz (Quelle: (2)):
- Direkte Erhebungen in der dermatologischen Versorgung: Diese umfassen Befragungen und Datensammlungen direkt in Kliniken und Praxen.
- Erhebungen in der Allgemeinbevölkerung: Studien, die repräsentative Daten zur Prävalenz von Hauterkrankungen in der gesamten Bevölkerung sammeln.
- Surveys in Kooperation mit Patientenorganisationen: Erhebungen, die gemeinsam mit Organisationen durchgeführt werden, die Patienten mit dermatologischen Erkrankungen vertreten.
- Erhebungen in Apothekennetzwerken: Daten zur Verschreibung und Nutzung von dermatologischen Arzneimitteln.
- Betriebliche Screeninguntersuchungen: Erhebungen, die in Unternehmen durchgeführt werden, um Hauterkrankungen frühzeitig zu erkennen.
- Krankenkassendaten: Daten aus der Abrechnung und den Versichertendaten von Krankenkassen.
- Daten aus Patientenregistern: Langfristige Erfassungen von Patientendaten, wie zum Beispiel im Psoriasis-Register PsoBest.
- Histopathologische Daten: Informationen aus der Untersuchung von Gewebeproben.
Die Ergebnisse der Versorgungsforschung spielen eine entscheidende Rolle in der politischen Entscheidungsfindung. So werden die Ergebnisse genutzt, um politische Veränderungen anzustoßen und in Anhörungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) sowie bei Diskussionen mit Krankenversicherungen und dem Bundesministerium für Gesundheit eingebracht (3).
Beispiele aus der Dermatologie:
Zwei Beispiele für den Einsatz von Versorgungsforschung in der Dermatologie sind das Psoriasis-Register PsoBest(4) und das Neurodermitisregister TREATGermany(5).
Das PsoBest-Register ist mit aktuell 24.000 Patientinnen und Patienten das größte Registerprojekt in der Dermatologie in Deutschland. Es erfasst seit 2008 umfassende Daten von Patienten mit Psoriasis und Psoriasis-Arthritis, die erstmalig mit Biologika oder systemischen Therapeutika behandelt werden. Das Register ermöglicht eine Langzeitdokumentation der Therapie und liefert wertvolle Informationen zur Sicherheit und Wirksamkeit dieser Behandlungsmethoden.
Das TREATGermany-Register verfügt aktuell über Daten zu mehr als 3600 Patientinnen und Patienten. Es ist ein nicht-interventionelles Register für Patientinnen und Patienten mit moderater bis schwerer Atopischer Dermatitis. Zudem werden topische und systemische Therapien vergleichend erforscht.
Wichtige Forschungsinstitute
Im Bereich der dermatologischen Versorgungsforschung gibt es einige führende Institutionen in Deutschland. Ein bedeutendes Forschungsinstitut im Bereich der dermatologischen Versorgungsforschung ist das Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) unter der Leitung von Prof. Matthias Augustin. Das CVderm Competenzzentrum für Versorgungsforschung in der Dermatologie, das 2004 gegründet wurde, ist ein führendes Zentrum auf diesem Gebiet und bietet umfassende Expertise in der Untersuchung dermatologischer Versorgungsfragen.
Ein weiteres wichtiges Institut ist das Zentrum für evidenzbasierte Gesundheitsforschung in Dresden unter der Leitung von Prof. Jochen Schmitt, das ebenfalls dermatologische Forschungsschwerpunkte hat und evidenzbasierte Ansätze zur Verbesserung der Patientenversorgung verfolgt.
Ausblick: Wie könnt ihr euch weiterbilden?
Wer tiefer in das Thema Versorgungsforschung einsteigen möchte, hat dazu in naher Zukunft Gelegenheit: Vom 25. bis 27. September findet der Deutsche Kongress für Versorgungsforschung statt. Ihr findet dort u.a. Vorträge zur Einstellung von Dermatologinnen und Dermatologen und Patientinnen und Patienten zu Digitalen Gesundheitsinterventionen von Anastasia Fleyder und Dr. Marina Otten (beide vom Universitätsklinikum Hamburg) oder auch den Vortrag zu einem Literaturreview zu Begrifflichkeiten in der Dermatologischen Versorgungsforschung von Robert Nunner (Bielefeld).
Darüber hinaus bietet die Fachgruppe Haut und Allergien im Deutschen Netzwerk Versorgungsforschung regelmäßige Weiterbildungen an. Falls ihr Mitglied der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) seid, könnt ihr diese Veranstaltungen sogar vergünstigt nutzen. Viel Spaß!
Autorin: Katharina G.
Weiterführende Links: https://www.bvdd.de/positionen/versorgungsforschung/
Quellen:
1. Internetredaktion RBL. Deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt e.V. - DLR Gesundheitsforschung. [cited 2024 Sep 12]. Versorgungsforschung - DLR Gesundheitsforschung. Available from: www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/versorgungsforschung-9447.php
2. Augustin M. Forschung an der Versorgung – 10 Jahre Competenzzentrum Versorgungsforschung in der Dermatologie (CVderm). Akt Dermatol. 2015 Aug 27;41(08/09):317–8.
3. Gehoff M. Positiver Trend zu mehr Versorgungsforschung. Der Deutsche Dermatologe. 2021;69(1):36–41.
4. PsoBest [Internet]. [cited 2024 Sep 12]. Willkommen. Available from: www.psobest.de
5. Register [Internet]. TREATgermany. [cited 2024 Sep 13]. Available from: treatgermany.org/register/