Dermatosen bei Outdooraktivitäten
Inzwischen weiß wohl ein jeder, dass die Haut unser größtes Organ ist. Denn schließlich ist diese Frage Bestandteil und Thema vieler Quiz- oder Talkshows. Gleichzeitig bedeutet dies aber auch, dass die Haut unsere Barriere und Verbindung zur Umgebung ist und daher vielen Einflüssen ausgesetzt ist. Interessant ist der oft direkte Zusammenhang und das schnelle „Sichtbarwerden“ einiger Einflüsse an Hand von Hautveränderungen jedweder Art. Somit besteht die Dermatologie tatsächlich oft aus Blickdiagnosen – ein Blick und ein erfahrener Dermatologe kann die Diagnose stellen. Natürlich benötigt man dazu noch ein paar anamnestische Angaben!
Gerade bei Outdooraktivitäten greifen Anamnese und Blickdiagnose gut ineinander, so macht Dermatologie Spaß! Man selbst befindet sich als Arzt tagtäglich in einer Art Quizshow – das Stellen der Diagnose sollte allerdings auf Wissen und Erfahrung und nicht auf Raten beruhen. Deshalb habe ich hier ein paar Beispiele für euch ausgeführt. Ich bin mir sicher, auch ihr hattet schon Patienten mit diesen Beschwerden, oder? Ein Kind, das im Sommer unter Eichenbäumen gespielt und jetzt eine Dermatitis an den nicht mit Kleidung bedeckten Körperarealen hat? Ganz klar, das liegt meist am Eichenprozessionsspinner. Oft sind auch andere Personen, die sich am gleichen Ort aufgehalten haben, betroffen und es kann eine Rhinitis oder auch ein Asthma damit einhergehen. Denn die feinen Härchen des Eichenprozessionsspinners werden durch den Wind auf Haut und Schleimhäute getragen. Eine weitere sehr interessante Wind-getragene Dermatitis ist die sogenannte Airborne-Kontaktdermatitis. Bei dieser findet, wie der Name schon sagt, der Kontakt nicht direkt sondern über die Luft statt, also aerogen. Auch hier entwickeln sich an den nicht mit Kleidung bedeckten Körperstellen Ekzeme, vor allem im Gesicht manchmal auch einhergehend mit Schwellungen. Die auslösende Substanz sind meist Pflanzenallergene. Wenn im Gegensatz dazu die betroffenen Stellen im Gürtelbereich, an BH- und Unterwäschebund oder in der Kniekehle d.h. an Stellen mit eng anliegender Kleidung liegen und die Effloreszenzen rote Urtikae und Papeln zeigen und der Patient im Spätsommer angibt, sich bei warmen Temperaturen auf Wiesen aufgehalten zu haben, an was denkt ihr dann? Ja genau, die Trombidiose oder auch Erntekrätze genannt. Hierbei sind die Primärwirte meist kleine Nager, die Milben gelangen allerdings auch auf die Haut des Menschen, saugen Blut und fallen ab. Es ist wahnsinnig schwer, eine Wiese von Herbstgrasmilben zu befreien – daher sollten lieber wir Menschen bekannte befallene Wiesenabschnitte meiden. Toll ist, dass man hier den Patienten mit symptomatischer Therapie und ein paar beruhigenden Worten helfen kann. Immer wieder eindrücklich finde ich das Auftreten der Zerkariendermatitis im Sommer, da man meist mehrere Patienten hat, die unabhängig voneinander im gleichen See geschwommen sind und mit den gleichen Beschwerden die Praxis aufsuchen. Deshalb im Englischen auch sehr zutreffend als „Swimmer´s Itch“ bezeichnet. Auch hier ist der Mensch Fehlwirt, das heißt mit symptomatischer Therapie, Aufklärung und ein bisschen Geduld von Seiten des Patienten hat sich die Sache erledigt. Eine weitere häufige Diagnose bei Outdooraktivitäten ist der Zeckenbiss. Inzwischen besitzt fast jeder eine Zeckenkarte und entfernt die Zecken selbst. Meist sieht man die Patienten erst mit einem sich zentrifugal ausbreitenden ringartigen zentral abblassenden Erythem. Das wisst ihr alle – ein Erythema chronicum migrans bei Borreliose. Wichtig ist hier, sich nicht lange mit der Serologie aufzuhalten, denn die Borreliose ist eine klinische Diagnose und sollte bei klinischem Verdacht direkt mit Doxycyclin oder den Ausweichantibiotika behandelt werden. Denn die Serologie kann durch das diagnostische Fenster noch negativ sein oder Langzeitmarker wie IgG positiv, was allerdings einen Großteil der Bevölkerung betrifft. Was würdet ihr Patienten mit mehreren Zeckenbissen im Jahr bzw. vielen Aufenthalten im Wald durch Beruf oder Freizeit bedingt empfehlen? Die FSME-Impfung!
Weitere nicht zu vernachlässigende Dermatosen bei Outdooraktivitäten sind natürlich UV-bedingte oder -getriggerte Dermatosen wie die polymorphe Lichtdermatose, der Lupus erythematodes, photoallergische oder -toxische Reaktionen, der akute Sonnenbrand und weitere eher seltene wie die Porphyrien oder Hydroa vacciniforme. Immer mehr steigt in der Bevölkerung das Bewusstsein für chronische UV-Schäden. Nicht zuletzt durch gute Aufklärungsprogramme bezüglich malignen Hautveränderungen und Alterungserscheinungen. Gerade die Kosmetikindustrie predigt vehement den Schutz vor aktinischer Elastose und Co. Das ist gut für uns, denn die Patienten wissen oft Bescheid und schützen sich zunehmend vor der Sonne. Doch das wäre wieder ein neues Thema – Ich hoffe, euch hat der Ritt durch die Dermatosen bei Outdooraktivitäten gefallen und ihr konntet darin den ein oder anderen Patienten wiedererkennen und eure eigenen Fälle rekapitulieren. Und denkt immer daran – die Anamnese ist oft entscheidend und gibt den „Ausschlag“ in die richtige Richtung!
Eure Katharina
Foto: www.pexels.com/de-de/foto/frau-im-begriff-wahrend-der-goldenen-stunde-zu-laufen-347134/