Diagnose

Diagnose: Intralymphatische Histiozytose

DISKUSSION
Die erstmals 1994 von O‘Grady beschriebene intralymphatische Histiozytose (ILH) ist eine seltene Hauterkrankung (1). In der Literatur wurden bisher weniger als 80 Fälle Beschrieben (2). Bei der ILH handelt es sich um eine chronisch-reaktive, benigne, intralymphatische Proliferation von Histiozyten. Bislang blieb die genaue Ätiopathogenese noch ungeklärt, jedoch wird angenommen, dass Assoziationen zur rheumatoiden Arthritis, implantierten orthopädischen und dentalen Materialien sowie Malignomen bestehen (3–7). Es wird vermutet, dass durch eine chronische Entzündung ein lokaler Lymphstau mit dilatierten Lymphgefäßen induziert wird, in denen sich entzündlich-aktivierte Histiozyten akkumulieren (7). Klinisch imponiert die ILH mit chronisch persistierenden, nicht juckenden, unscharf begrenzten und bizarr konfigurierten roten oder auch lividen Flecken, Knoten und Plaques, welche zum Teil konfluieren (2). Die histopathologischen Befunde zeigen dilatierte Proliferate vaskulärer Strukturen, in deren Lumina sich mononukleäre Histiozyten befinden. Die Gefäßveränderungen treten überwiegend im Stratum reticulare der Dermis auf. Die lymphatischen Gefäßproliferate werden von entzündlichen Infiltraten umgeben. Die Endothelzellen der betroffenen Lymphgefäße exprimieren CD31, CD34, Podoplanin (D2-40), Lyve 1 und Prox 1 (2). Wir behandelten unseren Patienten vorerst lokal mit einem Kortikosteroid der Klasse III. Der Patient empfand subjektiv eine leichte Verbesserung. Da die Hautveränderung aber keine Beschwerden verursachte, verzichtete dieser im Verlauf auf eine weitere Therapie. Die Erkrankung erweist sich als äußerst therapieresistent. Bei der sekundären ILH, die durch eine entzündliche beziehungsweise Tumorerkrankung ausgelöst wird, steht die Behandlung der Grunderkrankung im Vordergrund. Lokale und systemische Kortikosteroide sind nur sehr wenig erfolgversprechend. Der adäquate Einsatz von Kompressionstherapie, lokalem Tacrolimus oder systemischem Pentoxifyllin führte kasuistisch zu teilweise deutlichen Befundbesserungen (2). Zu den wichtigsten klinischen Differenzialdiagnosen der ILH gehören benigne und maligne Angioendotheliomatosen das Angiosarkom sowie die eosinophile Zellulitis. Das Spannende an unserem Fall ist, dass unser Patient vor 20 Jahren eine Schulterfraktur hatte, die mit einer Titanplatte versorgt wurde, was möglicherweise auch nach dieser langen Latenzzeit ein potenziell begünstigender Faktor für die Entwicklung einer ILH sein kann. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass bei unklaren Hautveränderungen im Bereich orthopädischer Implantate oder entzündeter Gelenke bei rheumatoider Arthritis an ILH gedacht werden kann und unter Umständen auch Malignome ausgeschlossen werden sollten. In Anbetracht der beschriebenen Assoziationen ist die ILH möglicherweise eine unterdiagnostizierte kutane Entität bei Patienten mit rheumatoider Arthritis oder orthopädischen Implantaten.

INTERESSENKONFLIKT
Keiner.

LITERATUR

  1. O’Grady JT, Shahidullah H, Doherty VR, et al. Intravascular histiocytosis. Histopathology. 1994;24:265-268.
  2. Zagala R, Amico S, Laban E, et al. Primary intralymphatic histiocytosis: Case report and literature review. Ann Dermatol Venereol. 2022;149:298-305.
  3. Takiwaki H, Adachi A, Kohno H, et al. Intravascular or intralymphatic histiocytosis associated with rheumatoid arthritis: A report of 4 cases. J AmAcadDermatol. 2004;50:585-590.
  4. Korman JB, Burgin S, Tahan SR. Intralymphatic histiocytosis in association with severe osteoarthritis of the shoulder. J Am Acad Dermatol. 2013;69:e314-e315.
  5. Washio K, Nakata K, Nakamura A, et al. Pressure bandage as an effective treatment for intralymphatic histiocytosis associated with rheumatoid arthritis. Dermatology. 2011;223:20-24.
  6. Saggar S, Lee B, Krivo J, et al. Intralymphatic histiocytosis associated with orthopedic implants. J Drugs Dermatol. 2011;10:1208-1209.
  7. Demirkesen C, Kran T, Leblebici C, et al. Intravascular/Intralymphatic Histiocytosis: A Report of 3 Cases. Am J Dermatopathol. 2015;37:783-789.

Die Diagnosequizze werden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom 
"Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft" © Deutsche Dermatologische Gesellschaft