Diagnose
27. August 2019
Zirkumskripte palmare Hypokeratose
Diskussion
Bei der zirkumskripten palmaren oder plantaren Hypokeratose (circumscribed palmar or plantar hypokeratosis, CPH) handelt es sich um eine seltene epidermale Differenzierungsstörung der Haut. Sie ist charakterisiert durch eine lokalisierte Verdünnung des Stratum corneum und wurde erstmals im Jahr 2002 von Perez etal. beschrieben [1]. Klinisch findet sich typischerweise ein atrophischer, scharf umschriebener, geröteter und eingesunkener Fleck oder Macula. Prädilektionsstellen sind der Daumen- oder Kleinfingerballen an der Hand sowie der mediale Bereich der Fußsohle [2, 3]. Gelegentlich wurden auch Läsionen an mehreren Stellen beschrieben [4]. Bei unserer Patientin waren sowohl der klinische Befund als auch die Lokalisation sehr typisch für eine CPH.
Die zirkumskripte palmare oder plantare Hypokeratose findet sich meist bei älteren Erwachsenen und bei Senioren [5]. Insgesamt existieren weniger als 100 Fallberichte; nur in einem der Fälle (ein 10-jähriger Junge afroamerikanischer Abstammung) handelte es sich um eine kongenitale Form [6]. Die Diagnose der CPH basiert auf den charakteristischen klinischen Merkmalen sowohl bei der makroskopischen als auch bei der dermatoskopischen Betrachtung, ferner auf der palmoplantaren Verteilung und den typischen Befunden in der Histologie.
Die Ätiologie der CPH ist unbekannt. Die Vermutungen reichen von traumatischer Schädigung über eine Infektion mit humanen Papillomviren (HPV) bis hin zu genetischen Veränderungen mit nachfolgendem Verlust der Adhäsion in der Hornschicht oder Keratinisierungsdefekten. Es konnte gezeigt werden, dass CPH sich an Stellen manifestiert, die initial traumatisch geschädigt wurden, und zwar häufiger an der dominanten Hand [7]. Eine Hypothese besagt, dass kumulative oder repetitive stumpfe Traumata den Prozess der Keratinisierung verändern können [8]. Unsere Patientin konnte sich jedoch an keine Verletzungen erinnern, die die Läsion ausgelöst haben könnten. Andere Befunde stützen die Theorie einer virusinduzierten Funktionsstörung der Epidermis, da erhöhte Proliferationsmarker und p53-Proteine in den läsionalen Keratinozyten als eine indirekte Auswirkung einer Virusinfektion verstanden werden könnten [7, 9]. Zu einer viralen Beteiligung im Falle unserer Patientin können wir keine Aussage treffen, da im Rahmen unserer Diagnostik keine HPV-PCR durchgeführt wurde. Ultrastrukturelle Untersuchungen von Biopsien unterstützen das Konzept, dass es sich bei der CPH um einen abnormen, lokal begrenzten Keratinisierungsdefekt handelt, der sich morphologisch in den kornealen und granulären Schichten manifestiert [2, 6, 10, 11]. In einem kürzlich berichteten Fall wurde eine sich gegenseitig ausschließende Expression von Keratin 10 und Keratin 16 an der Grenze zwischen betroffener und der nicht betroffenen Haut gezeigt (K16+ in der betroffenen Haut, K10+ in der nicht betroffenen Haut) [12]. Die genaue Ätiologie und der zugrundeliegende Pathomechanismus bleiben jedoch wei-terhin unbekannt. Bei unserer Patientin können wir nur spekulieren, dass die Ursache vielleicht in irgendeiner Art von kumulativen Traumata zu suchen sein könnte, möglicherweise in Kombination mit einer genetischen Prädisposition.
Die zirkumskripte palmare oder plantare Hypokeratose ist selten und wird häufig fehldiagnostiziert. Wenn Patienten – besonders ältere Menschen – einen einzelnen, scharf begrenzten, geröteten und eingesunkenen Fleck oder Macula an der Handfläche oder Fußsohle aufweisen, bei dem sich die Hornschicht der Haut am Rand abrupt verdünnt, sollte man die CPH als mögliche Differenzialdiagnose in Betracht ziehen.
Die Dermatoskopie erleichtert die Abgrenzung von den beiden wichtigsten Differenzialdiagnosen, dem Morbus Bowen und der Porokeratose. Die dermatoskopischen Muster der CPH umfassen zwei Hauptbefunde, die auch bei unserer Patientin zu beobachten waren. Der erste Befund ist eine stufige Schichtung im Randbereich, die an eine geologische Gesteinsschichtung (geologische Stratifikation) erinnern. Die Schichten der Epidermis sind unterschiedlich stark, der Rand der Läsion erscheint leicht verdickt. Der zweite typische Befund ist die homogene Rötung mit punktförmigen Gefäßen in der Mitte. Beim Morbus Bowen finden sich keine verdickten Ränder an der Läsion, und die Gefäße sind knäuelig gewunden oder glomerulär, nicht punktförmig. Bei der Porokeratose fehlt das Gefäßmuster ganz, und der Rand hat eine typische weißliche Färbung und keinen stufigen Aufbau [13]. Als weitere Differenzialdiagnose käme ein isoliertes Basalzellkarzinom in einer atypischen anatomischen Region (Handfläche) in Betracht, aber das ist selten, und es existieren bislang nur wenige publizierte Fallberichte [14].
Die typischen histopathologischen Befunde bei der CPH sind ein gut abgegrenzter zentraler Bereich mit einer veringerten Dicke des Stratum corneum und einem ebenfalls dünneren Stratum granulosum ohne Entzündungszeichen [3]. Eine nichtinvasive – wenn auch selten verfügbare – Alternative zur Biopsie verdächtiger Läsionen ist die optische Kohärenztomographie (OCT). Sie kann die Diagnose erleichtern, wenn die Patienten einer Biopsie ablehnend gegenüberstehen, und sie kann bei Patienten mit bekannter CPH auch zur Identifikation präklinischer Hautläsionen beitragen, die einer frühzeitigen Therapie noch zugänglich sind [15].
Die CPH ist ein benigner Hautdefekt, es existiert nur ein einziger Bericht über eine Assoziation mit einer aktinischen Keratose [7]. Eine CPH muss daher nicht zwingend behandelt werden, wenn ein Malignom oder maligne Veränderungen klinisch ausgeschlossen werden konnten. Die verfügbaren Therapieoptionen basieren auf Einzelfallberichten: Kryotherapie, photodynamische Therapie, topisches Calcipotriol und Fluorouracil haben sich als wirksam erwiesen [9, 10, 16, 17].
Therapie und Nachbeobachtung
Da die Patientin völlig symptomfrei war, haben wir auf ihren Wunsch auf eine Behandlung verzichtet. Eine Nachbeobachtung nach acht Monaten zeigte keinerlei Vergrößerung, Weiterentwicklung oder Anzeichen einer malignen Transformation.
Interessenkonflikt: Keiner.
Literatur
1 Perez A, Rutten A, Gold R etal. Circumscribed palmar or plan-tar hypokeratosis: a distinctive epidermal malformation of the palms or soles. J Am Acad Dermatol 2002; 47: 21–7.
2 Ramos-Garibay A, Navarrete-Franco G, Venadero-Albarran F etal. Circumscribed hypokeratosis: report on a series of 7 Mexican cases and review of the literature. Am J Dermatopa-thol 2016; 38: 399–408.
3 Kerl H. Diagnostic Cutaneous Pathology: Clinical-pathological Correlation of Inflammatory and Others Non-neoplastic Skin Diseases. Verlagshaus Jakomini, Graz, 2017.
4 Yasuda M, Abe M, Suto M etal. Circumscribed palmar hypokeratosis on both hands: distinct keratin expression in multiple depressed lesions. Br J Dermatol 2011; 164: 211–3.
5 Urbina F, Perez A, Requena L, Rutten A. Circumscribed palmar or plantar hypokeratosis 10 years after the first description: what is known and the issues under discussion. Actas Dermosifiliogr 2014; 105: 574–82.
6 Arbesman J, Loss LC, Helm KF, Rothman IL. A congenital case of circumscribed acral hypokeratosis. Pediatr Dermatol 2012; 29: 485–7.
7 Kanitakis J, Lora V, Balme B, Roby J. Premalignant circum-scribed palmar hypokeratosis: a new form of circumscribed palmar hypokeratosis? Case report and literature review. Dermatology 2010; 220: 143–6.
8 Erkek E, Cetin ED, Sezer E, Sahin S. Circumscribed acral hypo-keratosis: a report of 2 cases and a brief review of the litera-ture. Cutis 2014; 93: 97–101.
9 Benoit S, Seitz CS, Hamm H etal. Circumscribed palmar hypokeratosis: partial remission by photodynamic therapy. Br J Dermatol 2007; 157: 804–6.
10 Berk DR, Boer A, Bauschard FD etal. Circumscribed acral hypokeratosis. J Am Acad Dermatol 2007; 57: 292–6.
11 Urbina F, Misad C, Gonzalez S. Circumscribed palmar hypo-keratosis: clinical evolution and ultrastructural study after prolonged treatment with topical calcipotriol. J Eur Acad Dermatol Venereol 2005; 19: 491–4.
12 Toyoshima A, Osada SI, Umebayashi Y, Manabe M. Mutually exclusive expression pattern of keratin markers for differentia-tion and proliferation in circumscribed palmar hypokeratosis. Br J Dermatol 2017; 177: e122–4.
13 Topin-Ruiz S, Debarre JM, Blanchard E etal. Circumscribed palmar hypokeratosis (CPM): The diagnostic value of dermos-copy. Ann Dermatol Venereol 2017; 144: 197–202.
14 Mleczko A, Franke I, Pokrywka A etal. BerEP4-negative basal cell carcinoma on the palm: case report and review of the lit-erature. J Dtsch Dermatol Ges 2011; 9: 140–3.
15 Abignano G, Kapadia A, Lettieri G etal. Use of optical coher-ence tomography for the diagnosis of preclinical lesions of circumscribed palmar hypokeratosis. Clin Exp Dermatol 2017; 42: 192–5.
16 Boffa MJ, Degaetano JS. Circumscribed palmar hypokeratosis: successful treatment with cryotherapy. J Eur Acad Dermatol Venereol 2007; 21: 420–1.
17 Wilk M, Zelger BG, Zelger B. Circumscribed palmar hypokera-tosis: Successful treatment with fluorouracil cream. Dermatol Ther (Heidelb). 2011; 1: 11–4.
Die Diagnosequizze werden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom
"Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft" © Deutsche Dermatologische Gesellschaft