Diagnose

Trigeminotrophes Ulkus des Nasenflügels

Diskussion
Das trigeminotrophe Ulkus respektive das trigeminale trophische Syndrom (TTS) wurde erstmals 1901 von Wallenberg beschrieben [1]. Es handelt sich hierbei um ein chronisches Ulkus, welches die Folge einer Schädigung der afferent-sensorischen Fasern des Nervus trigeminus mit nachfolgender Parästhesie oder Dysästhesie in Teilen des Versorgungsgebietes des Nervs ist. Die Ulzeration resultiert klassischerweise aus einer anhaltenden Selbstmanipulation des Patienten (Reiben, Kratzen) in dem betroffenen Hautareal. Die Betroffenen beschreiben relativ häufig einen brennenden Charakter der Parästhesien, bisweilen aber auch Juckreiz. Schmerzen hingegen verspüren die Patienten nicht. Das wiederholte Manipulieren führt letztlich zu einem Trauma in dessen Folge es zu einem fortschreitenden Gewebeverlust kommt [2].

Unsere Patientin räumte bei einer weiterführenden Anamnese eine wiederholte Selbstmanipulation ein; diese erfolge teilweise unbewusst. Klinisch imponiert das TTS in der Regel als streng unilaterale Ulzeration insbesondere der Gesichtshaut. Am häufigsten betroffen ist die Nase. Seltener kann auch das Ohr, die Stirn, die Schläfenregion oder die Wangenregion betroffen sein [1]. Das TTS betrifft zumeist Frauen mit einem mittleren Alter von 57 Jahren [1]. Interessanterweise kann das Intervall zwischen der Manifestation des Ulkus und der zurückliegenden neurologischen Schädigung von wenigen Wochen bis zu einigen Jahren betragen (im Mittel zwei Jahre) [1].

Als häufigste Ursache der neurologischen Schädigung gilt der Apoplex. Andere Ursachen können Verletzungen im Rahmen neurochirurgischer Eingriffe (Ablation des Ganglion Gasseri, Akustikusneurinom-Operationen) sein, Infektionserkrankungen wie Herpesvirusinfektion, Syphilis oder Mycobacteriumleprae -Neuritis, aber auch Z. n. Enzephalitis oder neurologische Komplikationen nach einem Geburtstrauma [3].

Die Diagnose wird primär klinisch gestellt, wobei die scharfe Begrenzung des Ulkus und die (nicht immer einfach zu erhebende) anamnestische Information von teils brennenden Missempfindungen in dem entsprechenden Hautareal in der Gesamtschau zielführend sind. Im Falle einer Lokalisation an der Nase (wie im vorliegenden Casus) ist die Nasenspitze klassischerweise ausgespart, da diese ihre sensible Innervation über den Nervus ethmoidalis erfährt [2]. Klinisch zu erwägende Differenzialdiagnosen umfassen das Basalzellkarzinom, das Plattenepithelkarzinom, eine Wegenersche Granulomatose sowie infektiöse Erkrankungen (Herpes simplex recidivans in loco, syphilitische Ulzera und Lupus vulgaris) [3]. Eine histologische Sicherung ist zum Ausschluss der genannten Differenzialdiagnosen in den meisten Fällen anzuraten.

Die Therapie ist bisweilen schwierig und langwierig. Zentraler Baustein der therapeutischen Bemühungen ist die ausführliche Aufklärung des Patienten über die Ursache der Erkrankung sowie die nachhaltige Motivation jegliche Selbstmanipulation zu vermeiden [2]. Unterstützt werden kann dies durch (vorübergehende) okklusive Verbände des betroffenen Areals. Systemisch kommen Antidepressiva respektive Neuroleptika (Diazepam, Chlorpromazin, Pimozid) mit wechselndem Erfolg zum Einsatz. Die Wirkung dürfte insbesondere in einer Reduktion der Parästhesien zu sehen sein [4]. Gute Resultate wurden auch durch plastisch-rekonstruktive Verfahren mittels Fern- oder regionaler gut durchbluteter Lappenplastiken beschrieben [5]. Die Patientin lehnte eine operative Versorgung des Defektes ab, daher erfolgte eine blande Lokaltherapie mit 5 % Dexpanthenol-Salbe, die teilweise unter einem Okklusivverband aufgetragen wurde. Darunter ist es zu einer Stagnation der Defektausdehnung gekommen.


Interessenkonflikt
Keiner.

Literatur
1 Pedicelli C, Paradisi A, Fazio M et al. Trigeminal neurotrophic ulceration in Wallenberg’s syndrome. Int J Dermatol 2009; 48 : 443 – 5.
2 Willis M, Shockley WW, Mobley SR. Treatment Options in Trigeminal Trophic Syndrome: A Multi-Institutional Case Series. Laryngoscope 2011 ; 121 : 712 – 6.
3 Sadeghi P, Papay FA, Vidimos AT. Trigeminal trophic syndrome – report of four cases and review of the literature. Dermatol Surg 2004; 30 : 807 – 12.
4 Rashid RM, Khachemoune A. Trigeminal trophic syndrome. J Eur Acad Dermatol Venereol 2007; 21 : 725 – 31.
5 Hartschuh W, Adler D , Kohl PK. Das trigeminotrophe Ulkus des Nasenflügels; erfolgreiche Behandlung in zwei Fällen durch plastisch-rekonstruktive Eingriffe. Gegenwärtiger Stand der operativen Dermatologie; Fortschritte der operativen Dermatologie 1988; 4 : 284 – 92.

 

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