Diagnose

Diagnose: Tattoo-assoziierte Granulome mit Uveitis (TAGU)

THERAPIE UND VERLAUF
Wir vermuteten aufgrund der klinischen Zeichen und der histopathologischen Befunde initial eine systemische Sarkoidose. Eine Epikutantestung auf Titandioxid (TiO2), ein Bestandteil weißer Tattoofarbe, zum Ausschluss einer Kontaktallergie erfolgte bei aktuell fehlender kommerzieller Erhältlichkeit von TiO2 nicht. Bei unauffälligen weiteren Untersuchungen stellten wir die Diagnose einer TAGU. Die Hautläsionen sprachen auf eine Systemtherapie mit Prednisolon in Kombination mit topischer Anwendung von Mometason an. Es zeigte sich allerdings ein therapierefraktärer Befund der Uveitis. Unter einer Therapie mit Adalimumab (initial 80mg, dann 40mg alle 14 Tage) zeigte sich eine Besserung der Uveitis bei stabiler Remission der Hautläsionen. Auch sechs Monate später zeigte sich die Remission stabil.

DISKUSSION
Bei der TAGU handelt es sich um ein seltenes Phänomen nach Tätowierung mit unbekannter Inzidenz, das erstmals 1952 in der Literatur beschrieben wurde (1). Obwohl entzündliche Reaktionen der Haut auf Bestandteile von Tattoofarben nicht selten vorkommen, sind okuläre Begleitreaktionen eine Rarität (2). Der Pathomechanismus der TAGU konnte bislang nicht geklärt werden. Es wird angenommen, dass Antigene der Tattoofarbe eine der Sarkoidose ähnliche, granulomatöse Reaktion bei prädisponierten Individuen auslösen (2–4). Wie es zur uvealen Begleitreaktion kommt, ist unklar. In der Regel tritt die Uveitis gleichzeitig zu den Hautläsionen oder innerhalb eines Jahres nach Tätowierung auf (wie im Falle unseres Patienten), jedoch wurden verzögerte uveale Reaktionen von bis zu 20 Jahren beschrieben (2). In den bislang veröffentlichten Fällen der TAGU wird von Reaktionen auf schwarze und rote, seltener auch auf grüne, blaue, gelbe und braune Tattoofarbe berichtet (2). Nach unserem Kenntnisstand wurden bisher keine Reaktionen auf weiße Tattoofarbe publiziert. Differenzialdiagnostisch sollte eine sehr seltene Kontaktallergie auf TiO2, einem Bestandteil weißer Tattoofarbe, ausgeschlossen werden (5,6). Da TiO2 derzeit nicht kommerziell erhältlich ist, ist eine Testung auf eine Typ- IV-Sensibilisierung nach Coombs und Gell nicht möglich. Eine stabile Remission nach Absetzen der Kortikosteroide spricht jedoch gegen eine Typ-IV-Sensibilisierung. Die Behandlung der TAGU sollte, wie bei unseremPatienten, stets interdisziplinär zusammen mit Ophthalmologen erfolgen. Es kommen systemische und topische Kortikosteroide zum Einsatz. In einzelnen Fallberichten zeigte sich bei ausgeprägten, steroidrefraktären Befunden die Ergänzung um weitere Immunsuppressiva wie Methotrexat, Mycophenolatmofetil, Azathioprin, Ciclosporin oder TNFα- Inhibitoren erfolgreich (2). In einigen Fällen führte die Tattooentfernung zur Remission der Uveitis (2,4,7). Hinsichtlich der umfangreichen Tätowierung auf beiden Armen des vorgestellten Patienten wäre dieses Vorgehen jedoch nicht praktikabel gewesen. Es bleibt unklar, ob die TAGU als limitierte Variante einer systemischen Sarkoidose oder diese als separate Entität einzuordnen ist. Nach unserer Recherche existieren keine Fallberichte, die sich durch eine Progression der TAGU zur systemischen Sarkoidose mit Hautläsionen außerhalb der Tattooareale oder weiterer Organmanifestationen präsentierten (7). Besteht der Verdacht auf eine TAGU, sollte eine systemische Sarkoidose ausgeschlossen werden. Pathologische Erhöhungen des ACE sowie des sIL-2R oder eine bilaterale hiläre Lymphadenopathie deuten auf eine systemische Sarkoidose hin (8–10). Letztendlich handelt es sich bei der TAGU um eine Ausschlussdiagnose.

INTERESSENKONFLIKT
Keiner.

LITERATUR

  1. Lubeck G, Epstein E. Complications of tattooing. Calif Med.1952;76(2):83-85.
  2. Kluger N. Tattoo-associated uveitis with or without systemic sarcoidosis: a comparative review of the literature. J Eur Acad Dermatol Venereol. 2018;32(11):1852-1861.
  3. Mansour, AM, Chan CC. Recurrent uveitis preceded by swelling of skin tattoos. AmJ Ophthalmol. 1991;111(4):515-516.
  4. RorsmanH, Brehmer-Andersson E, Dahlquist I, et al. Tattoo granuloma and uveitis. Lancet. 1969;2(7610):27-28.
  5. Larese Filon F,Mauro M, AdamiG, et al. Nanoparticles skin absorption: New aspects for a safety profile evaluation. Regul Toxicol Pharmacol. 2015;72(2):310-22.
  6. Weiss KT, Schreiver I, Siewert K, et al. Tattoos – more than just colored skin? Searching for tattoo allergens. J Dtsch Dermatol Ges. 2021;19(5):657-669.
  7. Sepehri M, Hutton Carlsen K, Serup J. Papulo-Nodular Reactions in Black Tattoos as Markers of Sarcoidosis: Study of 92 Tattoo Reactions from a Hospital Material. Dermatology. 2016;232(6):679-686. 16100387, 2024, 7, Downloaded from onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/ddg.15414_g by Ute Pellmann , Wiley Online Library on [17/07/2024]. See the Terms and Conditions (https://onlinelibrary.wiley.com/terms-and-conditions) on Wiley Online Library for rules of use; OA articles are governed by the applicable Creative Commons License
  8. Ungprasert P, Ryu JH, Matteson EL. Clinical Manifestations, Diagnosis, and Treatment of Sarcoidosis. Mayo Clin Proc InnovQualOutcomes. 2019;3(3):358-375.
  9. Iannuzzi MC, Rybicki BA, Teirstein AS. Sarcoidosis. N Engl J Med. 2007;357(21):2153-2165.
  10. Kwaczala-Tessmann A, Dellasette F, Brix A, et al. Fremdkörpergranulome im Bereich einer Tätowierung: Tattoo-assoziierte Uveitis als Wegweiser zur Diagnose einer Sarkoidose? J Dtsch Dermatol Ges. 2023;21(Suppl. 2):31-33.

Die Diagnosequizze werden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom 
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