Diagnose

Poikiloderma vasculare atrophicans, eine seltene Variante der Mycosis fungoides

Therapie und Verlauf

Im Verlauf von Jahren waren mehrmalige dermatologische Vorstellungen mit Hautbiopsien erfolgt, in welchen stets eine „lichenoide Entzündung“ diagnostiziert wurde. Daher wurden zunächst Differenzialdiagnosen wie atropher Lichen ruber planus, lichenoides Arzneimittelexanthem und Lupus erythematodes histologisch und klinisch diskutiert. Laborchemische Untersuchungen (Rheumafaktor, ds-DNA, ANAs und ENAs) waren normwertig. In der klinisch-histologischen Korrelation erfolgte dann die Diagnose einer poikilodermatischen Variante der Mycosis fungoides und die Veranlassung einer Immunhistologie. In der Immunhistochemie bestätigte sich ein T-Zell-betontes Infiltrat mit Expression von CD3, CD4, CD8 und CD45R0 zu nahezu gleichen Anteilen; der Proliferationsmarker Ki 67 fand sich auf weniger als 5 % der Zellen. In der molekularen Analyse des T-Zell-Rezeptors Gamma zeigte sich ein polyklonales Bandenmuster. Nach dem Tumorstaging erfolgte die Einordnung als Mycosis fungoides (MF) im Stadium IB sowie die stadiengerechte Therapie mit Bade-PUVA.



Diskussion


Kutane Lymphome sind eine heterogene Gruppe lymphoproliferativer Erkrankungen der Haut mit unterschiedlicher klinischer Symptomatik und Prognose [1]. Das kutane T-Zell-Lymphom oder MF, der häufigste klinische Subtyp kutaner Lymphome, präsentiert sich klassisch als in Stadien verlaufende Erkrankung, kann aber auch einen ausgeprägten Pleomorphismus aufweisen, der als atypische Form der MF bezeichnet wird [2, 3].

Bei atypischen Formen der MF, wie dem seltenen Poikiloderma vasculare atrophicans (PVA), kann die Diagnose oft erst nach Jahren gesichert werden. Wir möchten die klinischen, histopathologischen und immunologischen Besonderheiten dieses Phänotyps darstellen und somit das Bewusstsein für diese spezielle Art der MF in der klinischen Praxis schärfen. Die poikiloderme MF ist durch Hyper-/Hypopigmentation, Trockenheit, Atrophie und Teleangiektasien charakterisiert [2]. Die asymptomatischen oder gering juckenden, schuppigen Flecken und Plaques mit retikulärem Muster und netzartiger Verteilung treten bevorzugt am Rumpf und an den Beugeseiten der Extremitäten auf und können mit Hautveränderungen einer klassischen MF assoziiert sein [4]. Meist sind Männer mittleren Alters betroffen [ 4,5].

Die Zuordnung dieses Krankheitsbildes wird kontrovers diskutiert [6, 7]. Die histologische Aufarbeitung des PVA zeigt ähnliche Befunde wie sie im länger bestehenden Patchoder Plaque-Stadium einer MF gesehen werden. Daher gilt es als ein frühes Stadium (IA–IIA) einer MF [2, 6].
Histologisch zeigen sich Epidermisatrophie, T-Zell-Infiltrate in der papillären Dermis, Epidermotropismus, dermale, erweiterte Kapillaren und melanozytäre Pigmentinkontinenz. Augenfällige Atypien von Lymphozyten und Pautriersche Mikroabszesse sind selten [8, 9]. Die differenzialdiagnostische Schwierigkeit ergibt sich aus der junktionalen Lymphozytenansammlung mit Aspekten einer Interfacedermatitis, wie sie zum Beispiel auch beim atrophen Lichen ruber oder Lupus erythematodes vorkommt. Zusätzlich finden sich auch apoptotische Keratinozyten, die bei der klassischen MF meist nicht existieren [6].

Auch wenn die meisten MF-Patienten (76–83 %) ein monoklonales T-Zell-Infiltrat aufweisen, so zeigt sich bei immerhin 20 % der Patienten keine Monoklonalität [2, 6, 10]. Wenn, wie in unserem Fall, ein polyklonales Bandenmuster in der molekularen Analyse nachgewiesen wird, schließt dies das Vorliegen eines kutanen T-Zell-Lymphoms nicht aus. Eine Wiederholung der Untersuchung im Verlauf ist sinnvoll.
Die Prognose des PVA ist vergleichbar mit dem Patch-Stadium der klassischen MF, wobei über größere Spontanremissionsraten und geringere Progressionen in ein Tumorstadium berichtet wird [6]. Die Therapieoptionen entsprechen denen einerklassischen MF. Stadienabhängig kommt neben topischen Steroiden der Klasse III–IV, PUVA/UVB-311-nm und lokaler Radiotherapie auch eine Therapie mit oralem Bexaroten in Betracht. Im Vergleich zur klassischen MF zeigen topische Steroide häufig geringe Erfolge, während mit der PUVA sehr gute Ansprechraten erzielt werden [6].
Aufgrund des vielgestaltigen klinischen Spektrums der MF sollten bei ekzematösen Hautveränderungen ohne richtungsweisende primäre Histologie stets engmaschige Folgeuntersuchungen mit Serienbiopsien sowie klinisch-pathologische Korrelationen erfolgen.



Interessenkonflikt


Keiner.



Literatur


1 Stadler R, Assaf C, Klemke C-D et al. Kurzleitlinie – kutane Lymphome (ICD10 C82-C86). J Dtsch Dermatol Ges. 2013 Jun;11 Suppl 3:19-28, 20–30
2 Kazakov DV, Burg G, Kempf W. Clinicopathological spectrum of mycosis fungoides . J Eur Acad Dermatol Venereol 2004; 18 : 397 – 415.
3 Isaacson PG, Norton AJ. Cutaneous lymphomas. Churchill Livingsstone, London, 1994.
4 Howard MS, Smoller BR. Mycosis fungoides: classic disease and variant presentations . Semin Cutan Med Surg 2000; 19 : 91 – 9.
5 Brecher A. Mycosis fungoides. Dermatol Online J 2003; 9 : 23.
6 Abbott RA, Sahni D, Robson A et al. Poikilodermatous mycosis fungoides: a study of its clinicopathological, immunophenotypic, and prognostic features. J Am Acad Dermatol 2011; 65 : 313 – 9.
7 Mataix J, Banuls J, Lucas A et al. Poikilodermatous mycosis fungoides. Int J Dermatol 2007; 46 : 950 – 1.
8 McKee P, Calonje E, Granter SR. Pathology of the skin with clinical correlations. Elsevier Mosby, Phiadelphia, USA, 2005.
9 Farley-Loftus R, Mandal R, Latkowski JA. Poikilodermatous mycosis fungoides. Dermatol Online J 2010; 16 : 8.
10 Acikalin A, Bagir E, Tuncer I et al. Contribution of T-cell receptor gamma gene rearrangement by polymerase chain reaction and immunohistochemistry to the histological diagnosis of early mycosis fungoides. Saudi Med J 2013; 34 : 19 – 23.

 

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