Hochgradige Dysphagie, Myalgien und Erythem bei einem 55-jährigen Patienten
6. September 2017
Veronika Prossliner 1, Magdalena Philipp 1, Verena Moosbrugger 1, Werner Poewe 2, Robert Zangerle 1, Julia Wanschitz 2, Matthias Schmuth 1
(1) Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie,Medizinische
Universität Innsbruck, Österreich
(2) Universitätsklinik für Neurologie, Medizinische Universität
Innsbruck, Österreich
Anamnese
Ein 55-jähriger Patient stellt sich mit Rötung und Brennen an Kapillitium, Gesicht und oberem Thorax vor, die seit fünf Wochen bestehen. Er wird wegen dieses Erythems sowie einer seit zwei Wochen andauernden Heiserkeit und Müdigkeit mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit an unsere Klinik überwiesen. Der Patient gibt muskelkaterartige Schmerzen im Bereich der Beckengürtelmuskulatur, des Schultergürtels und der Oberarme an. Zusätzlich bestehen seit sechs Monaten rezidivierend orale Ulzerationen. Der Patient bemerkt eine vermehrte Lichtempfindlichkeit, verneint aber Fieber, Schüttelfrost und Arthralgien. Die Familienanamnese bezüglich rheumatologischer oder Autoimmunerkrankungen ist negativ. Der Vater ist an einem Colon-Karzinom verstorben.
Therapien mit Diflucortolonvalerat und Methylprednisolonaceponat haben im Vorfeld keine ausreichende Besserung herbeigeführt. Fünf Tage vor Aufnahme wurde eine Therapie mit oralem Methylprednisolon (0,2 mg/kg KG) initiiert.
Klinischer Befund
Im Bereich des Kapillitiums, Stirn, Wangen, Ohren, Dekolleté, Nacken und Schultern bestehen unscharf begrenzte Erytheme. Zusätzlich finden sich unscharf begrenzte Erytheme beidseits an den Knien und erythematöse Plaques im Bereich der dorsalen Finger, Ellenbogen und Fußrücken- (Abbildung 1). Die periungualen Regionen der Finger zeigen erweiterte Nagelfalzgefäße und Hämorrhagien. Im Verlauf kommt es rezidivierend zu paronychieartigen Entzündungen im Bereich der Nagelfalz von Fingern und Zehen sowie zu schmerzhaften Ulzerationen an mehreren Fingerkuppen. Enoral finden sich Ulzerationen am linken Gaumenbogen und an der Zunge. Die neurologische Untersuchung ergibt eine symmetrische, proximale Schwäche, vor allem der Oberarme und der axialen Muskulatur. Der Patient verliert seit Beschwerdebeginn 16 kg Gewicht und entwickelt eine schwere Dysphagie beziehungsweise Aphagie, welche die Anlage einer perkutanen endoskopischen Gastrostomie (PEG) zur weiteren Ernährung notwendig macht. Auch die Paresen der Extremitäten sind im Verlauf progredient, die Arme können nicht mehr über die Horizontale gehoben werden und ein Aufsitzen aus dem Liegen ist nicht möglich. Begünstigt durch den Gewichtsverlust und die Immobilität entwickelt der Patient eine Peroneusdruckparese links mit Nachweis eines hochgradigen motorischen Leitungsblock proximal des Fibulaköpfchens.