Nicht-heilende Wunden am Kapillitium
16. Oktober 2017
Abdulaziz Alkhateeb , Galina Balakirski , Martin Leverkus , Mosaad Megahed
Abteilung für Dermatologie und Allergologie , Universitätsklinikum Aachen
Anamnese
Ein 77-jähriger Patient stellte sich in unserer Sprechstunde aufgrund von seit etwa sechs Monaten bestehenden, anamnestisch durch ein Bagatelltrauma entstandenen Wunden am Kapillitium vor.
Beim Auftreten der Hautveränderungen bestanden bis auf eine arterielle Hypertonie keine chronischen Vorerkrankungen. Im weiteren Verlauf wurde der Patient in einem auswärtigen Krankenhaus stationär behandelt. Dort wurde ein intermittierendes Vorhoffl immern diagnostiziert und eine orale Antikoagulation mit Phenprocoumon eingeleitet. Die zum damaligen Zeitpunkt auswärts durchgeführte histologische Untersuchung einer Probebiopsie von der Wunde zeigte lediglich nekrotisches Gewebe. Beim Verdacht auf eine posttraumatische Wundheilungsstörung erfolgte eine konservative, phasengerechte Wundtherapie mit täglichem Verbandwechsel.
Aufgrund ausbleibender Besserung des Hautbefundes erfolgte im Verlauf eine Vorstellung des Patienten in einer Klinik für plastische Chirurgie, wo bei initial unauffälligem Wundabstrich auf pathogene Keime ein Débridement, eine Wundexzision sowie ein Defektverschluss mittels Rotationsplastik durchgeführt wurden. Die histologische Untersuchung des exzidierten Materials erfolgte damals nicht. Etwa vier Wochen postoperativ kam es zu einem schmerzhaften Rezidiv der Beschwerden mit begleitenden wiederholenden Blutungen aus den Wunden.
Hautbefund
Frontoparietal links zeigten sich zwei jeweils 5 × 4 cm und 2 × 2 cm große, teils fi brinös belegte Ulzerationen mit rötlich-livider Wundumgebung (Abbildung 1 ).
Diagnostik
Mikrobiologische Diagnostik: Abstriche von den Wunden zeigten mäßig viel Proteus mirabilis und Enterococcus faecalis und vereinzelt Bakterien der physiologischen Standortfl ora. Kein Nachweis von schnellwachsenden Spross- und Schimmelpilzen. Virus-PCR (polymerase chain reaction) negativ für Herpes-simplex-Virus und Varizella-Zoster-Virus.
Röntgen-Untersuchung des Thorax in zwei Ebenen: Es zeigte sich ein unauffälliger Befund. Probeexzision aus der Arteria temporalis superior links: Kein Anhalt für Vaskulitis.
HNO-ärztliche und augenärztliche Begutachtung: Die Kriterien der Chapel-Hill-Klassifi kation für Granulomatose mit Polyangiitis und Arteriitis temporalis waren nicht erfüllt.
Dermatohistopathologische Begutachtung der Probeexzision aus dem Wundrand: Im oberen, mittleren und tiefen Korium zeigten sich erweiterte und vermehrte Blutgefäße mit geschwollenen atypischen Endothelzellen sowie vereinzelten Mitosen. Zudem zeigten sich multiple Spindelzellen in der Umgebung der Gefäße (Abbildung 2 a, b).
Laborparameter
Die Routinelaboruntersuchung bei Aufnahme war bis auf einen erhöhten CRP-Wert von 80,1 mg/l (Norm < 5 mg/l) bei fehlender Leukozytose unauffällig.
Verlauf
Initial wurde die klinische Verdachtsdiagnose eines sekundär impetiginisierten Eczema herpeticatum gestellt, weshalb wir eine Therapie mit Aciclovir 5 mg/kg KG 3 × täglich i.v. und Cefuroxim 500 mg 2 × täglich oral einleiteten und lokal mit antiseptischen Umschlägen und krustenlösenden Salben behandelten. Diagnostisch konnte mittels PCR aus dem Abstrichmaterial jedoch weder Herpes-simplex- noch Varizella-Zoster-DNA nachgewiesen werden. Die serologischen Untersuchungen auf einen IgM-Antikörpertiter gegen Herpes-simplex- oder Varizella-Zoster-Virus fielen ebenfalls negativ aus, so dass Aciclovir bei bereits deutlich gebessertem Lokalbefund (Abbildung 3 ) nach zwei Tagen abgesetzt wurde.
Am dritten Tag nach der stationären Aufnahme wurde bei der Visite eine angebrochene Tube auf dem Nachtschrank des Patienten entdeckt. Der Patient gab nun an, dass ihm diese Creme von seinem Hautfacharzt verschrieben worden sei, und er diese in der Vergangenheit immer gut vertragen habe.