Derma for future – Umweltschutz in der Dermatologie
12. November 2021
Als ich neulich mal wieder ein großes Paket mit zahllosen kleinen Proben von Pflegeprodukten zugeschickt bekommen habe, habe ich mich zunächst gefreut. Neue Proben, die ich an die Patienten austeilen kann! Ungern empfehle ich teure Pflegeprodukte zu kaufen, ohne dass man vorher testen kann, ob das Produkt vertragen wird und es sich angenehm anfühlt. Immerhin ist dies ein entscheidender Faktor für die konsequente Anwendung und damit für den Therapieerfolg. Doch als ich das ganze Plastik durch die Verpackungen betrachtet habe, wurde meine Freude prompt getrübt und ich habe mich gefragt, ob das in die aktuelle Diskussion um den Klimaschutz passt, denn spätestens seit den „Friday-for-future“-Demonstrationen ist Klimaschutz in aller Munde und auch unlängst in der Dermatologie zum Thema geworden. Vielleicht habt ihr auch den Artikel von Dr. Dorit Düker und Max Tischler im „Forum Junge Dermatologen“ dazu gelesen?!?
Vor allem für unsere Generation als „Junge Dermatologen“ ist dies ein Thema, vor dem keiner die Augen verschließen sollte. Die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) hat bereits ein wichtiges Zeichen gesetzt und den „Arbeitskreis Plastik“ gegründet. Hier geht es nicht nur um das Thema Plastik in Form von Verpackungen, sondern auch um die Folgen für unsere Gesundheit und die Umwelt durch potenziell schädliche Inhaltsstoffe in Externa. In der Mai-Ausgabe 2021 der Zeitschrift „Der Deutsche Dermatologe“ erschien der sehr lesenswerte Artikel „Mikroplastik: vom Tiegel auf den Teller“ von Dr. Susanne Saha. Hier wird beschrieben, wie Mikroplastik über Abwässer in Gewässer und über die Nahrungskette am Ende wieder bei uns bzw. in uns landet. Von einer Metastudie der Universität Newcastle, Australien im Auftrag der Umweltstiftung World Wide Fund for Nature von 2018 wurde hier berichtet, die herausfand, dass wir pro Woche im Vergleich eine ganze Kreditkarte (!) als Plastikmenge zu uns nehmen. Puh, das musste ich erst mal verdauen!
Der bekannte Kinderdermatologe Prof. Peter Höger empfiehlt schon lange chemische UV-Filter als „endocrine disrupting agents“ insbesondere bei Säuglingen, Kleinkindern, aber auch Schwangeren und stillenden Müttern zu meiden, zumindest solange es keine prospektiven Studien hierzu gibt (Consilium Themenheft 04, 2017). Doch auch Inhaltsstoffe von mineralischen Filtern, insbesondere Nanopartikel, stellen Probleme dar. Der AK Plastik stellt hierzu ein Patienteninformationsblatt auf seiner Homepage bereit, auf dem entsprechende kritische Inhaltsstoffe benannt werden. Da wundert es mich doch sehr, dass ich gleich auf der ersten Inhaltsstoffliste einer Sonnencreme, die ich bisher gerne empfohlen habe, eben diese finde. Wie kann das sein? Dem Patienten, insbesondere Eltern, eine geeignete Sonnencreme zu empfehlen bedarf also einiges an Recherche und ist gar nicht so einfach. Die meisten Firmen scheinen sich zumindest dem Thema Korallensterben durch chemische Filter in den Meeren angenommen zu haben und stellen zunehmend Sonnencremes her, die das Siegel „korallenfreundlich gemäß dem Hawaii Riffgesetz“ tragen. Ob das ausreicht, kann ich schlecht beurteilen.
Zudem habe ich mich auf einigen Homepages bekannter Konzerne, die dermatologische Pflegeprodukte herstellen, umgeschaut und immerhin überall Informationen und Ziele zum Thema Nachhaltigkeit, Plastikreduktion und Einsparung von CO2-Emissionen gefunden. Es ist also in der Dermatologie einiges in Bewegung.
Ich denke, uns als Dermatologen, und damit Bindeglied zwischen den Konzernen und dem Patienten als Endkonsumenten, kommt hierbei eine wichtige Rolle zu, noch mehr zu fordern und aufzuzeigen, dass wir für Alternativen bereit sind. Brauche ich z.B. wirklich noch eine Karton-Umverpackung für eine kleine Probe? Kann ich auf Proben nicht auch komplett verzichten und in meiner Klinik oder Praxis eine Alternative zum Testen zur Verfügung stellen? Wie wäre es z.B. mit einer kleinen „Creme-Bar“, an der die Patienten vor Ort verschiedene Cremes ausprobieren können? Gibt es so etwas vielleicht schon bei euch?
Sicherlich kann noch viel mehr für Umweltschutz in der Dermatologie passieren, was hier heute keinen Platz gefunden hat.
Schaut euch doch mal auf der Homepage der AK Plastik um. Hier findet ihr viele weitere interessante Informationen zu dem Thema sowie Patienteninformationsblätter z.B. zum Thema Sonnenschutz.
Vielleicht habt ihr ja auch noch Ideen, mit denen die Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit in der Dermatologie weiter vorangebracht werden können und welche kreativen Möglichkeiten es für den Praxis- oder Klinikalltag gibt. Wir freuen uns auf eure Kommentare.
Vielleicht interessiert euch auch unser aktueller "JuDerm-Talk" mit Frau Dr. med. Susanne Saha?
Eure Frederieke