Diagnose
16. Oktober 2017
Druckinduzierte kutane Sarkoidose unter dem klinischen Bild eines Granuloma fissuratum
Weitere Diagnostik, Therapie und Verlauf
Aufgrund der beschriebenen Klinik und des Befunds der Auflichtmikroskopie biopsierten wir beide Läsionen zum Ausschluss von Basalzellkarzinomen. Wegen der auffällig symmetrischen Lokalisation erfolgte eine Epikutantestung. Eine Kontaktallergie auf Bestandteile des neuen Brillengestells konnte so ausgeschlossen werden.
Der histologische Befund zeigte sarkoidale Granulome, daher wurden zum Ausschluss einer systemischen Sarkoidose eine Blutentnahme mit Nachweis des angiotensin-converting enzymes (ACE) sowie des löslichen Interleukin-2-Rezeptors im Serum, die Röntgen- und computertomographische Untersuchung des Thorax sowie eine Lymphknotensonographie durchgeführt. Hieraus ergab sich kein Anhalt für eine Systembeteiligung.
In Zusammenschau der Ergebnisse diagnostizierten wir eine druckinduzierte kutane Sarkoidose unter
dem klinischen Bild eines Granuloma fissuratum. Dem Patienten wurde erneut eine Umstellung auf Kontaktlinsen empfohlen, zeitgleich erfolgte eine Lokaltherapie mit Glukokortikosteroiden
und Pimecrolimus-Creme. Da keine Besserung des Zustandes eintrat, verordneten wir Hydroxychloroquin
100 mg zweimal täglich über zwei Monate. Bei weiterer Beschwerdepersistenz erfolgten Injektionen mit Triamcinolonacetonid. Hiermit konnte eine nahezu vollständige Abheilung erzielt werden (Abbildung 3 ).
Diskussion
Die Sarkoidose betrifft als Multisystemerkrankung in 20–40 % der Fälle die Haut und kann sich in Form von papulösen, erythematösen, aber auch ichthyosiformen oder psoriasiformen Hautveränderungen darstellen [ 1, 2 ] . Aufgrund der variablen Klinik ist die Diagnosestellung oft erschwert. Die Ätiopathogenese der Sarkoidose ist weitgehend unbekannt, eine infektiöse Genese scheint ausgeschlossen. Immer wieder wird die Möglichkeit einer HLA-Typ - abhängigen genetischen Disposition und einer molekularen Mimikry diskutiert [ 3 ] .
Eine kutane, meist papulöse Sarkoidose kann das erste klinische Zeichen einer Systembeteiligung sein und ist, nach der Lunge, die zweithäufigste Manifestation. Da es in 60 % der Fälle extrakutane Manifestationen gibt, sollte bei Verdacht auf eine kutane Sarkoidose immer der Ausschluss einer Systembeteiligung erfolgen [ 4 ] .
In unserem Fall imitierten die sarkoidalen Läsionen ein Granuloma fissuratum; dies wurde bisher in der Literatur nicht beschrieben. Klinisch und auflichtmikroskopisch kann ein Granuloma fissuratum (Syn.: Acanthoma fissuratum) leicht mit einem Basalzellkarzinom verwechselt werden [ 5 ]. Es tritt vorwiegend symmetrisch an druckbelasteten Stellen auf.
Granulomata fissurata sind vor allem bei Brillenträgern retroaurikulär beidseits oder bilateral am Nasenrücken beschrieben [ 5–7 ]. Die reaktiven Hyperplasien an fokal belasteter Haut sind häufig mit dolenten Fissuren assoziiert. Im Gegensatz zu unserem Fall findet man jedoch histologisch in der Literatur keinen Hinweis auf knotige Epitheloidzellgranulome mit mehrkernigen Riesenzellen im Korium. Vielmehr wird eine granulomatöse beziehungsweise fibrosierende Entzündung mit pseudoepitheliomatöser Epidermishyperplasie, wie man sie auch bei chronischen Ekzemen oder pruriginösen Erkrankungen findet, beschrieben [ 8 ]. Diese für das Granuloma fissuratum typische hyperproliferative Epidermis konnten wir in der vorliegenden Histologie nicht nachweisen.
Die Differenzialdiagnosen einer Narbensarkoidose und einer sarkoidalen Hautreaktion bei Fremdkörpergranulom konnten, letztere polarisationsoptisch, ebenfalls ausgeschlossen werden. Nach Abwägen der histologischen und polarisationsoptischen Befunde diagnostizierten wir eine druckinduzierte kutane Sarkoidose unter dem klinischen Bild eines Granuloma fissuratum.
Dieser Fall zeigt, dass die kutane Sarkoidose vielfältige Ursachen haben und in unterschiedlichsten klinischen
Erscheinungsbildern auftreten kann. Es wird deutlich, wie wichtig in der Dermatologie die Histologie zur adäquaten Diagnosestellung und Therapiefindung ist.
Interessenkonflikt
Keiner.
Literatur
1 Fernandez-Faith E , McDonnell J . Cutaneous sarcoidosis: differential diagnosis . Clin Dermatol 2007 ; 25 : 276 – 87 .
2 Iannuzzi MC , Rybicki BA , Teisten AS . Sarcoidosis . N Engl J Med 2007 ; 357 : 2153 – 65 .
3 Tchernev G , Ananiev J , Cardoso JC et al. Sarcoidosis and molecular mimicry – important etiopathogenetic aspects: current state and future directions . Wien Klin Wochenschr 2012 ; 124 : 227 – 38 .
4 Yanardag H , Pamuk ON , Karayel T . Cutaneous involvement in sarcoidosis: analysis of the features in 170 patients . Respir Med 2003 ; 97 : 978 – 82 .
5 Cerroni L , Soyer HP , Chimenti S . Acanthoma fissuratum . J Dermatol Surg Oncol 1988 ; 14 ( 9 ): 1003 – 5 .
6 Tennstedt D , Fierens F , Lachapelle JM . Acanthoma fissuratum (spectacle-frame acanthoma) . Dermatologica 1977 ; 155 ( 3 ): 174 – 6 .
7 Benedetto AV , Bergfeld WF . Acanthoma fissuratum. Histopathology and review of the literature . Cutis 1979 ; 24 ( 2 ): 225 – 9 .
8 Weddon D. Weedon’s Skin Pathology . 3rd ed . Churchill Livingstone/Elsevier , Edinburgh , 2010 : 670 – 1 .
Die Diagnosequzze werden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom
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