Diagnose

Diagnose: Gasbrand verursacht durch Clostridium septicum

WEITERE DIAGNOSTISCHE ERGEBNISSE, BEHANDLUNG UND KLINISCHER VERLAUF
Es wurde eine intravenöse Antibiotikabehandlung mit Meropenem und Clindamycin eingeleitet und ein umfangreiches Debridement unter Vollnarkose durchgeführt. Der Allgemeinzustand des Patienten verschlechterte sich jedoch drastisch und er verfiel in einen septischen Zustand. Der Patient wurde umgehend auf eine spezialisierte Intensivstation (Verbrennungszentrum) verlegt, wo eine hyperbare Sauerstofftherapie durchgeführt wurde. Clostridium septicum wurde zwischenzeitlich aus den Blutkulturen isoliert. Aufgrund der ausgedehnten Gewebeschäden war eine Amputation der rechten oberen Extremität einschließlich des Schulterblatts unumgänglich. Die histologische Untersuchung ergab eine vollständige Nekrose des rechten Deltamuskels. Anschließend verbesserte sich der Allgemeinzustand des Patienten rasch. Als Ursache der bakteriellen Infektion stellte sich ein bisher unbekanntes Kolonkarzinom (schlecht differenziertes Adenokarzinom) heraus, das bereits in Leber und Lymphknoten metastasiert war und durch tumorbedingte Ulzerationen die hämatogene Ausbreitung der Keime bedingte. Eine Hemikolektomie auf der rechten Seite wurde durchgeführt, jedoch war das Kolonkarzinom bereits weit fortgeschritten, weshalb von Chemo- oder Antikörpertherapien Abstand genommen und der Patient nur 2 Monate nach dem Auftreten der ersten Hautsymptome in eine Palliativversorgung aufgenommen wurde.

DISKUSSION
Clostridien (C.), darunter C. perfringens, C. septicum und andere, sind für schwere Krankheiten wie Gasbrand, Tetanus und Botulismus verantwortlich und führen häufig zu Gewebsnekrosen, die durch die Produktion von Exotoxinen in einer Umgebung mit Sauerstoffmangel verursacht werden. Clostridium perfringens ist in über 75% der Fälle die Hauptursache für Gasgangrän (1,2). Clostridium septicum ist ein grampositives, anaerobes, sporenbildendes Bakterium, das im Darm vorkommt und sowohl mit dem Auftreten von Darmkrebs als auch mit Immunsuppression in Verbindung gebracht wird (3–5). Clostridium-septicum-Infektionen können eine Vielzahl von klinischen Erscheinungsbildern aufweisen, darunter spontane Gasgangrän, Zellulitis, Fasziitis, Abszess, Aortitis und schließlich septischer Schock (6). Clostridium septicum hat eine höhere Toleranz gegenüber Sauerstoff als C. perfringens und greift bevorzugt oberflächliches Hautgewebe an, indem es mehrere Virulenzfaktoren einsetzt (4). Tumorbedingte Schleimhautulzerationen unterbrechen die schützende Barriere und ermöglichen die Ausbreitung von Bakterien, die schließlich zur Sepsis führen. Das anaerobe Milieu in ausgewachsenen bösartigen Tumoren begünstigt das Bakterienwachstum, wobei eine geschwächte Wirtsimmunität die Ausbreitung von Bakterien weiter fördert (6). Frühere Beobachtungen ergaben, dass 50% der Patienten mit C.-septicum-Infektionen eine bösartigen Erkrankung, höchstwahrscheinlich Darmkrebs, hatten (3, 7–10). Die Sterblichkeitsrate bei C.-septicum-Infektionen liegt zwischen 30% und 100%, wenn die Erkrankung unbehandelt bleibt (11–14).

SCHLUSSFOLGERUNGEN
Gasbrand sollte bei der Differentialdiagnose (sub)kutaner Infektionen in Betracht gezogen werden. Unser Fall unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen klinischen Untersuchung einschließlich Palpation, um den entscheidenden diagnostischen Hinweis auf Krepitationen nicht zu übersehen.

INTERESSENKONFLIKT
Keiner.

LITERATUR

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  2. Kluger N. Tattoo-associated uveitis with or without systemic sarcoidosis: a comparative review of the literature. J Eur Acad Dermatol Venereol. 2018;32(11):1852-1861.
  3. Mansour, AM, Chan CC. Recurrent uveitis preceded by swelling of skin tattoos. AmJ Ophthalmol. 1991;111(4):515-516.
  4. RorsmanH, Brehmer-Andersson E, Dahlquist I, et al. Tattoo granuloma and uveitis. Lancet. 1969;2(7610):27-28.
  5. Larese Filon F,Mauro M, AdamiG, et al. Nanoparticles skin absorption: New aspects for a safety profile evaluation. Regul Toxicol Pharmacol. 2015;72(2):310-22.
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  7. Sepehri M, Hutton Carlsen K, Serup J. Papulo-Nodular Reactions in Black Tattoos as Markers of Sarcoidosis: Study of 92 Tattoo Reactions from a Hospital Material. Dermatology. 2016;232(6):679-686. 16100387, 2024, 7, Downloaded from onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/ddg.15414_g by Ute Pellmann , Wiley Online Library on [17/07/2024]. See the Terms and Conditions (https://onlinelibrary.wiley.com/terms-and-conditions) on Wiley Online Library for rules of use; OA articles are governed by the applicable Creative Commons License
  8. Ungprasert P, Ryu JH, Matteson EL. Clinical Manifestations, Diagnosis, and Treatment of Sarcoidosis. Mayo Clin Proc InnovQualOutcomes. 2019;3(3):358-375.
  9. Iannuzzi MC, Rybicki BA, Teirstein AS. Sarcoidosis. N Engl J Med. 2007;357(21):2153-2165.
  10. Kwaczala-Tessmann A, Dellasette F, Brix A, et al. Fremdkörpergranulome im Bereich einer Tätowierung: Tattoo-assoziierte Uveitis als Wegweiser zur Diagnose einer Sarkoidose? J Dtsch Dermatol Ges. 2023;21(Suppl. 2):31-33.

Die Diagnosequizze werden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom 
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