Diagnose
Diagnose: Atypische Hand-Fuß-Mund-Krankheit (HFMD)
DIAGNOSTISCHES VORGEHEN
Aufgrund des plötzlichen Auftretens der Beschwerden und des zuvor erkrankten Partners wurde initial eine infektiöse Genese vermutet. Der Treponemapallidum-Partikelagglutinationstest (TPPA) blieb negativ. Polymerasekettenreaktion (PCR)-Testung des Bläscheninhalts der kutanen Läsionen auf Herpes-simplex-Virus (HSV), Varicella-Zoster-Virus (VZV) und Monkeypox-Virus (MPX) war negativ. Eine unverzüglich durchgeführte Liquorpunktion schloss eine Meningitis und eine akute Neurosyphilis aus. Die Liquordiagnostik war negativ für Lues IgG/IgM, Epstein-Barr-Virus (EBV)-, Zytomegalievirus (CMV)-, HSV1/2- und VZV-DNA. Eine PCR aus Serum- und Stuhlproben war positiv für Enterovirus-RNA. Weitere Serumanalysen wiesen Coxsackievirus A6-RNA nach. Im Liquor ließ sich keine Enterovirus-RNA nachweisen.
KLINISCHER VERLAUF
Bei Verdacht auf eine disseminierte VZV-Infektion mit Beteiligung des zentralen Nervensystems (ZNS) wurde der Patient initial mit Aciclovir behandelt. Eine Kortisonstoßtherapie (mit initial 250 mg Prednisolon) wurde aufgrund des plötzlichen sensorineuralen Hörverlustes begonnen. Nach Eingang des virologischen Nachweises von Enterovirus-RNA wurde die Aciclovir-Therapie beendet. Eine Lokaltherapie erfolgte mit Kortikosteroid-freier Macrogol- und Zinkoxid-haltiger Lotion bis zur Entlassung des Patienten.
DISKUSSION
Hand-Fuß-Mund-Krankheit (HFMD) wird durch Enterovirus-Infektionen hervorgerufen und präsentiert sich typischerweise in Form vesikulärer Hautveränderungen an denHandflächen und Fußflächen (1). Typischerweise gehen diese Hautver.nderungen mit oralen vesikulären oder erosiven Läsionen einher und können von Fieber und Abgeschlagenheit begleitet sein (1), wobei diese Symptome in dem hier beschriebenen Fall nicht auftraten. Enteroviren sind hochkontagiös und verbreiten sich per fäkal-oraler oder respiratorischer Transmission von Mensch zu Mensch (1). Die durch Coxsackie-A6-Virus hervorgerufene atypische HFMD präsentiert sich oft mit einem ausgeprägten, disseminierten papulovesikulären Exanthem des Stammes (Abbildung 1b–d) und betrifft die orale Mucosa typischerweise nicht (2,3). Durch Coxsackie-A6-Virus hervorgerufene HFMD zeichnet sich durch höhere Inzidenz bei Erwachsenen und häufigeres Auftreten in den Wintermonaten aus als HFMD-Formen, welche durch andere Viren hervorgerufen werden (4). Häufig sind die Rückseiten der Hände und Füße befallen (2), was jedoch bei unserem Patienten nicht der Fall war. W.hrend bei der „klassischen“ HFMD in der Regel keine Blasen und Krusten auftreten, findet man diese Hautveränderungen häufig bei atypischer HFMD. Außerdem wurde ein Koebner-Phänomen bei Hauterkrankungen wie der Psoriasis nach HFMD beschrieben (5). Interessanterweise zeigten die kubitalen und karpalen Beugeseiten beider Arme eine Akzentuierung des Hautbefundes in Arealen der bestehenden atopischen Dermatitis (Abbildung 1b) und vermittelten Aspekte eines Eczema coxsackium (3,6). Ein Kausalzusammenhang von Enterovirusinfektion und SSHL ist wiederholt diskutiert worden (7). Die Verfügbarkeit der PCR-Diagnostik hat die Diagnostik viraler Ursachen verbessert und Enteroviren als Auslöser des SSHL identifiziert (8,9). Neurokutane Erkrankungen mit papulovesikulösem Exanthem und SSHL sind klinisch schwer zu diagnostizieren. Bei der primären VZV-Infektion sind ZNS-Beteiligung und akrale Manifestation außer bei Immundefizienz selten (10). Abhängig von den beteiligten Dermatomen und dem Immunstatus des Patienten kann eine neurologische Beteiligung beim (disseminierten) Herpes zoster auftreten (10). Bei sekundärer Syphilis können SSHL, Schwindel oder Tinnitus auf eine Otosyphilis hindeuten und sollten daher als akutes meningitisches Syndrom aufgefasst werden (11,12). Als Komplikation der atopischen Dermatitis kann die rasche Ausbreitung monomorpher, krustiger Erosionen und Vesikeln in den Beugeseiten ein Eczema herpeticum repräsentieren (13). Targetoide, vesikuläre bis bullöse Läsionen können ein Erythema multiforme imitieren (14). Auch wenn HFMD in der Regel milde Krankheitsverläufe aufweist, können kardiopulmonale und neurologische Komplikationen wie SSHL auftreten (4). Daher sollten auditorische Symptome bei Patienten mit HFMD erfragt werden. Aufgrund der Infektiosität ist das Erkennen und die korrekte Diagnose von klassischer und atypischer HFMD wichtig. Gleichzeitig ist die differenzialdiagnostische Abwägung weiterer Ursachen eines papulovesikulösen Exanthems im Kontext einer ZNS-Beteiligung entscheidend.
INTERESSENKONFLIKT
M.F. gibt folgende Interessenkonflikte an: Vortragsvergütungen: AbbVie, medupdate, Consilium (InfectoPharm), Forum für Medizinische Fortbildung; Beratungsvergütungen: Novartis, LEO Pharma. Alle anderen Autoren geben keine Interessenkonflikte an.
LITERATUR
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Die Diagnosequizze werden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom
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