Diagnose

Eosinophile Dermatose im Rahmen einer hämatologischen Erkrankung

Diskussion
Bei Patienten mit myeloproliferativen Erkrankungen, besonders mit chronisch lymphatischer Leukämie (CLL), sind Dermatosen häufig. Etwa 8 % aller CLL-Patienten entwickeln spezifische leukämische Hautinfiltrate, ein weitaus größerer Anteil (ca. 45 %) leidet an unspezifischen oder paraneoplastischen Dermatosen, in denen keine Leukämiezellen nachweisbar sind [1]. Bisher wurde die eosinophile Dermatose (ED)
(englisch: eosinophilic dermatosis associated with hematologic malignancy, synonym: „insektenstichartige Reaktion“ bzw. „insect bite-like reaction“) als eine seltene Variante der unspezifischen kutanen Reaktionsmuster eingeordnet [2], bei der die hämatologische Grunderkrankung zu einer alterierten Immunreaktion führt und eine vermehrte Sekretion von TH2-Zytokinen (IL4 und IL5) die Entwicklung eosinophilenreicher Hautinfiltrate stimuliert [3–5]. Erst kürzlich gelang jedoch mittels FISH-Analyse der Nachweis von CLL-Zellen in den eosinophilen Hautinfiltraten bei einer Patientin mit ED [6]. Diese Beobachtung stellt die bisherige Zuordnung der ED zu den unspezifischen kutanen Reaktionsmustern in Frage, jedoch bedarf es diesbezüglich weiterführender Untersuchungen, ob es sich hier lediglich um „Bystander“-Zellen handelt, die aufgrund dysregulierter Adhäsionsmoleküle einen kutanen Tropismus zeigen oder ob diese leukämischen Zellinfiltrate tatsächlich ursächlich für die ED sind [6]. Auch in den von uns durchgeführten immunhistochemischen Färbungen des kutanen Infiltrates konnten neben einem vorrangigen T-lymphozytären Infiltrat einzelne untergemischte B-Lymphozyten nachgewiesen werden (Abbildung 2c, d), eine weitere molekularbiologische Differenzierung des lympohozytären Infiltrates erfolgte jedoch nicht.

Seit der Erstbeschreibung 1965 durch Weed wurden bis vor kurzem nur ca. 40 Fälle in Einzelfallberichten und kleineren Fallserien publiziert [7]. Erst eine aktuelle Studie fasst eine für diese Erkrankung vergleichsweise große Fallserie mit 48 Patienten zusammen und lässt vermuten, dass die eosinophile Dermatose möglicherweise häufiger als bisher angenommen auftritt [1]. Klinisch zeigen sich meist erst Monate bis Jahre nach der Diagnose der CLL, seltener bereits vor Auftreten der Grunderkrankung (prämonitorisch), erythematöse, stark juckende Papulovesikel am Integument, die an Insektenstiche erinnern. Anamnestisch lässt sich allerdings kein Kontakt zu Arthropoden feststellen [2, 3, 6]. Während das Auftreten von spezifischen Hautinfiltraten bei CLL-Patienten mit einer schlechteren Prognose der Grunderkrankung einhergeht [5, 8], konnten Bairey et al. bei den 48 untersuchten Patienten mit ED keinen prognostischen Einfluss feststellen [1]. Die diagnostische Einordnung der ED gelingt anhand der von Byrd et al. definierten klinischen (iktusartige Eruption, therapieresistent gegenüber Standardtherapien), histologischen (eosinophilenreiche oberflächliche und tiefe lymphohistiozytäre Infiltrate) und klinisch-anamnestischen Kriterien (Vorliegen einer hämatologischen Grunderkrankung und Ausschluss anderer Ursachen einer Gewebeeosinophilie) [9]. Differenzialdiagnostisch müssen tatsächliche Iktusreaktionen, bullöses Pemphigoid, Prurigo simplex subacuta, pruriginöse atopische Dermatitis, kutane Arzneimittelreaktionen sowie spezifische CLL-Infiltrate erwogen und ausgeschlossen werden.

Die Therapie der ED mit der häufig assoziierten starken Juckreizempfindung kann mitunter eine Herausforderung darstellen und äußerst therapieresistente Fälle sind beschrieben [1, 3]. Eine Therapie oder Intensivierung der Therapie der hämatologischen Grunderkrankung hat einen variablen Einfluss auf die ED und muss nicht zwangsläufig zur Besserung der Symptome führen [4]. Systemische Glukokortikoide (≥40 mg Prednisolon/d) führen zwar zu einer raschen Abheilung der Läsionen, nach Reduktion der Steroiddosis sind jedoch Rezidive die Regel [1, 3]. Bei unserer Patientin, wie auch in 50 % der untersuchten Patienten von Bairey et al., war die ED unter Anwendung topischer Glukokortikoide der Wirkstoffklasse II–III und systemischer Therapie mit Antihistaminika gut beherrschbar und die Frequenz des Auftretens und die Intensität neuer Läsionen konnte deutlich reduziert werden [1]. Bei nicht ausreichender Besserung der ED unter diesem wenig komplexen Therapieschema sollte die Einleitung einer systemischen Therapie mit Dapson erwogen werden, dessen erfolgreicher Einsatz bereits bei der ED und auch weiteren eosinophilen und neutrophilen Dermatosen gut dokumentiert ist [10].

Interessenkonflikt
Keiner.

Literatur
1 Bairey O, Goldschmidt N, Ruchlemer R et al. Insect-bite-like reaction in patients with chronic lymphocytic leukemia: a study from the Israeli Chronic Lymphocytic Leukemia Study Group. Eur J Haematol 2012; 89: 491–6.
2 Farber MJ, La Forgia S, Sahu J, Lee JB. Eosinophilic dermatosis of hematologic malignancy. J Cutan Pathol 2012; 39: 690–5.
3 Barzilai A, Shpiro D, Goldberg I et al. Insect bite-like reaction in patients with hematologic malignant neoplasms. Arch Dermatol 1999; 135: 1503–7.
4 Davis MD, McEvoy MT. Eosinophilic dermatosis associated with hematologic disorders: not so unique. Arch Dermatol 2002; 138: 1516.
5 Agnew KL, Ruchlemer R, Catovsky D et al. Cutaneous findings in chronic lymphocytic leukaemia. Br J Dermatol 2004; 150: 1129–35.
6 Mitteldorf C, Tronnier M, Merz H et al. Insect bite-like reactions in a patient with B-cell chronic lymphocytic leukaemia: fluorescence in situ hybridization analysis revealed neoplastic B cells within the skin infiltrate. Br J Dermatol 2012; 167: 944–6.
7 Weed RI. Exaggerated delayed hypersensitivity to mosquito bites in chronic lymphocytic leukemia. Blood 1965; 26: 257–68.
8 Cerroni L, Zenahlik P, Hofler G et al. Specific cutaneous infiltrates of B-cell chronic lymphocytic leukemia: a clinicopathologic and prognostic study of 42 patients. Am J Surg Pathol 1996; 20: 1000–10.
9 Byrd JA, Scherschun L, Chaffins ML, Fivenson DP. Eosinophilic dermatosis of myeloproliferative disease: characterization of a unique eruption in patients with hematologic disorders. Arch Dermatol 2001; 137: 1378–80.
10 Ulmer A, Metzler G, Schanz S, Fierlbeck G. Dapsone in the management of “insect bite-like reaction” in a patient with chronic lymphocytic leukaemia. Br J Dermatol 2007; 156: 172–4.

 

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