Schlaffe Blasenbildung mit Schleimhautbeteiligung
5. Mai 2020
Dennis Niebel, Christine Brägelmann, Jörg Wenzel, Thomas Bieber
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie, Universitätsklinikum Bonn.
Anamnese
Wir berichten über den Fall einer 75-jährigen weiblichen Patientin, die sich mit einer neu aufgetretenen schlaffen Blasenbildung und intensivem Juckreiz vorstellte. Sie litt zeitgleich unter beidseitiger Augenrötung, die mit antibiotischen Augentropfen (Gentamicin) behandelt wurde, und leichten enoralen Parästhesien. Bei Auftreten der ersten Hautbeschwerden bestand ein grippaler Infekt, der zum Zeitpunkt der Erstvorstellung bereits rückläufig war.
In der Vorgeschichte wurde ein ulzeriertes Melanom auf dem Oberarm vor einem Jahr diagnostiziert (Tumordicke nach Breslow 10 mm). Die Behandlung erfolgte leitliniengerecht mittels Exzision mit Sicherheitsabstand und Wächterlymphknotenbiopsie. Seit Erstdiagnose wurden wiederholt operative Eingriffe aufgrund einer lymphatischen Metastasierung in insgesamt fünf supraklavikulären Lymphknoten notwendig, es ergab sich ein Stadium IIID (American Joint Committee on Cancer [AJCC] 2017: pT4b pN3c cM0 R0). In einer molekularpathologischen Analyse des Tumors wurde eine aktivierende NRAS (neuroblastoma RAS viral oncogene homolog)-Mutation nachgewiesen, eine BRAF-Genmutation lag nicht vor. Die Patientin erhielt eine adjuvante Therapie mit Nivolumab. Die erste Gabe erfolgte einen Monat vor Auftreten der juckenden Hautläsionen. Neben arterieller Hypertonie und Hypothyreose bestand keine relevante Komorbidität.
Befunde
Bei der körperlichen Untersuchung fanden sich disseminierte Erosionen von bis zu 1,5 cm Durchmesser und einige schlaffe Blasen, insbesondere am Stamm und den proximalen Extremitäten (Abbildung 1). Es bestand eine massive bilaterale konjunktivale Injektion, im Bereich der Wangenschleimhaut imponierten einige Erosionen mit Nachweis diskreter Striae. Die Routinelaboruntersuchungen waren unauffällig bis auf eine asymptomatische Leukozyturie. Die augenärztliche Untersuchung ergab eine Benetzungsstörung ohne strukturelle Beteiligung der Cornea.
Histologie
Wir führten Stanzbiopsien zur Durchführung histologischer und immunfluoreszenzoptischer Untersuchungen an Oberarm und linker Schulter durch. Eine Biopsie zeigte eine subepidermale Spaltbildung mit einem dichten entzündlichen Infiltrat und Kolloidkörperchen (Abbildung 2a). In der anderen Hautprobe wurde histologisch eine Orthokeratose über einem nekrotischen Epithel mit dichtem perivaskulär und periadnexiell betontem lymphozytären Infiltrat nachgewiesen (Abbildung 2b). Die periläsional an der Schulter entnommene direkte Immunfluoreszenz (DIF) war unauffällig. Zirkulierende Antikörper für BP180 und Desmoglein 1/3 konnten weder in der indirekten Immunfluoreszenz (Affenösophagus, Salt-Split-Skin) noch mittels ELISA detektiert werden.