Diagnose

Tinea manus bullosa durch Trichophyton erinacei

Verlauf
Die sofort initiierte systemische antimykotische Behandlung mit Terbinafin war erfolgreich. Die mykologische Diagnostik aus einem Abstrich bestätigte mit dem kulturellen Nachweis von Trichophyton (T.) erinacei die Verdachtsdiagnose einer Tinea manus durch den „Igelpilz“. Der zoophile Dermatophyt T. erinacei gilt als emerging pathogen und findet sich seit einigen Jahren in Deutschland als Erreger von Dermatophytosen beim Menschen nach Igelkontakt.


Mikrobiologische Untersuchung
Aus einem Abstrich der bullösen Läsion an der linken Hand ließen sich Koagulase-negative Staphylokokken (schwaches Wachstum) und T . erinacei (mäßiges Wachstum) kulturell nachweisen (Abbildung 2 a). Typisch war der schnell wachsende, weiße, ausstrahlende Thallus mit teils granulärer Oberfläche. Die Kolonierückseite imponierte typisch leuchtend gelb (zitronengelb) gefärbt (Abbildung 2 b). Mikroskopisch sah man zylindrische und keulenförmige, mehrfach septierte Makrokonidien. Dazu kamen viele längliche und runde Mikrokonidien, die rechtwinklig an den Hyphen inserierten (Akladium-förmig). Die teils sehr großen Mikrokonidien liegen weit auseinander, sie können in einigen Abschnitten jedoch auch dichter stehen (Abbildung 2 c). Die Harnstoffspaltung auf Harnstoffagar nach Christensen war negativ. Im Abstrich ließ sich Dermatophyten-DNA von T. interdigitale / T. mentagrophytes und T. benhamiae mittels PCR-ELISA nachweisen. Microsporum ( M .) canis und T. rubrum dagegen waren negativ. Die PCR weist eine Kreuzreaktivität zwischen Pilzen, die zum ehemaligen T .- mentagrophytes -Komplex gehören, und T . erinacei auf, so dass letzterer Dermatophyt nicht sicher mit der PCR erkannt werden kann. T . erinacei gehörte früher als Subspezies ebenfalls zum T .- mentagrophytes -Komplex ( T . mentagrophytes und T . interdigitale ). Die verwendeten Primer für das Topoisomerase-II-Gen und auch für die ITS-Region der rDNA der Dermatophyten erlauben keine Diskriminierung zwischen diesen Spezies.


Sequenzierung der Internal-transcribed- Spacer-Region der rDNA
Die Identifi zierung erfolgte durch Sequenzierung der Internal- transcribed-Spacer (ITS)-Region der ribosomalen DNA. Zusätzlich wurde auch das Gen für den translation elongation factor (TEF)-1 a sequenziert. Der Datenbankvergleich des Sequenzierungsergebnisses ergab eine eindeutige 100%ige Übereinstimmung mit T . erinacei.
       Die Sequenzen des T .- erinacei -Stammes sind in der NCBI-Datenbank unter der accession number MF153405 (ITS-Sequenz) und MF153404 (TEF-1 a -Sequenz) hinterlegt worden. Außerdem ist das T .- erinacei -Isolat jetzt auch als Kultur in der Deutschen Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen (DSMZ) in Braunschweig zu beziehen. Dort findet man den Stamm unter der accession number DSM 103784.

 

Diskussion
Bei einem umschriebenen kutanen Rundherd mit serösen Blasen auf erythematösem Grund sollten verschiedene Differenzialdiagnosen berücksichtigt werden. Zu denken ist an eine Herpes-simplex-Infektion der Haut durch Herpes-simplex- Virus (HSV) Typ 1. Darüber hinaus kann auch HSV 2 an der freien Haut zur Blasenbildung führen. Kuhpocken durch Orthopoxviren nach Kontakt zu Kleintieren führen ebenfalls zur akuten Blasen- oder Vesikelbildung, sie wurden bislang jedoch nicht in Zusammenhang mit einem Igelkontakt beschrieben und sie imponieren deutlich hämorrhagischer und blutig-verkrustet. Die Impetigo contagiosa geht ebenfalls mit kleinen, manchmal auch mit großen Blasen einher. Für eine bullöse Autoimmundermatose gab es bei einem solitären Herd dagegen keinen Anhalt. Ein fixes bullöses Arzneimittelexanthem war ebenfalls unwahrscheinlich, da die Patientin keinerlei Medikamente einnahm. Bullöse Tinea-Formen sind sehr selten, sie sollten jedoch in die Differenzialdiagnose von blasenbildenden Hauterscheinungen einbezogen werden [ 1 ]. Aufgrund der Anamnese mit der Angabe von drei als Haustiere gehaltenen exotischen Weißbauchigeln wurde gleich der Verdacht auf eine zoophile Dermatomykose geäußert und konsequent systemisch antimykotisch behandelt [ 2 ] .
       Die ehemalige Varietät T. mentagrophytes var. erinacei wird heute als eigenständige Art T. erinacei klassifiziert, es handelt sich um den sogenannten Igelpilz [ 3, 4 ] . Bereits im Jahr 1966 kam Quaife, basierend auf morphologischen und biochemischen Untersuchungen, zu dem Schluss, dass T. mentagrophytes var. erinacei korrekterweise eben nicht nur eine Variatio, sondern eine eigenständige Spezies darstellt [ 5 ].
       Trichophyton erinacei gilt als emerging pathogen [ 6 ]. Ein emerging pathogen ist ein Infektionserreger, dessen Inzidenz angestiegen ist oder in Zukunft ansteigen wird. Grund dafür kann das Auftreten des Erregers in einer neuen Wirtspopulation sein. Möglich ist auch eine ansteigende Inzidenz in einer existierenden Population als Ergebnis langfristiger Änderungen der Epidemiologie. Der zoophile Dermatophyt T. erinacei findet sich seit einigen Jahren in Deutschland als Erreger von Dermatophytosen beim Menschen nach Igelkontakt [ 7–9 ] .
       Die Läsionen beim Igel betreffen meist den Kopfbereich, da der Erreger bei Kämpfen zwischen den Tieren übertragen wird. Die Muttertiere können die Erreger zudem auf die Neugeborenen übertragen. Verliert der Igel seine Stacheln infolge der Infektion vollständig, stirbt er an Hypothermie [ 10 ] .
       Trichophyton erinacei wird ausschließlich vom Igel auf den Menschen übertragen und verursacht entzündliche Formen der Tinea manus oder Tinea corporis. Eine sorgfältige Anamnese kann den Infektionsweg aufklären und ein erster Hinweis auf die Genese einer entzündlichen und im Einzelfall mit Blasen einhergehenden Dermatose an den Händen sein.
       Eine bullöse Tinea manus, wie sie bei der hier beschriebenen Patientin auftrat, stellt eine außergewöhnliche Manifestation einer Dermatophytose dar. Beschrieben wurde eine bullöse Tinea beispielsweise durch T. mentagrophytes [ 11 ], M . canis [ 12 ] , T. schoenleinii [ 13 ] , T. verrucosum [ 14 ] und T. rubrum [ 15 ] . Infektionsquelle ist der geschützte mitteleuropäische Igel ( Erinaceus europaeus ), und zunehmend auch – wie im vorliegenden Fall beschrieben – die importierten, nicht geschützten und im Zoohandel frei käuflichen Weißbauch- oder afrikanischen Zwergigel sowie die ägyptischen Langohrigel [ 16, 17 ] .


Interessenkonflikt: Keiner.

Literatur
1 Nenoff P , Krüger C , Ginter-Hanselmayer G , Tietz HJ . Mycology – an update. Part 1: Dermatomycoses: causative agents, epidemiology and pathogenesis . J Dtsch Dermatol Ges 2014 ; 12 ( 3 ): 188 – 209 .
2 Nenoff P , Krüger C , Paasch U , Ginter-Hanselmayer G . Mycology – an update Part 3: Dermatomycoses: topical and systemic therapy . J Dtsch Dermatol Ges 2015 ; 13 ( 5 ): 387 – 410 .
3 Nenoff P , Herrmann J , Gräser Y . Trichophyton mentagrophytes sive interdigitale ? A dermatophyte in the course of time . J Dtsch Dermatol Ges 2007 ; 5 : 198 – 202 .

4 de Hoog GS , Dukik K , Monod M et al. Toward a novel multilocus phylogenetic taxonomy for the dermatophytes . Mycopathologia 2017 ; 182 : 5 – 31 .
5 Quaife RA . Human infection due to the hedgehog fungus, Trichophyton mentagrophytes var. erinacei . J Clin Path 1966 ; 19 : 177 – 8 .
6 Riley PY , Chomel BB . Hedgehog zoonoses . Emerg Infect Dis 2005 ; 11 : 1 – 5 .
7 Schauder S , Kirsch-Nietzki M , Wegener S et al. From hedgehogs to men. Zoophilic dermatophytosis caused by Trichophyton erinacei in eight patients . Hautarzt 2007 ; 58 : 62 – 7 .
8 Schauder S , Quadripur S , Wegener S et al. Von Igeln auf Menschen. Zoophile Dermatomykosen durch Trichophyton erinacei bei 8 Patienten . Tägl prax 2005 ; 46 : 333 – 44 .
9 Nenoff P , Krüger C , Schaller J et al. Mycology – an update part 2: dermatomycoses: clinical picture and diagnostics . J Dtsch Dermatol Ges 2014 ; 12 ( 9 ): 749 – 77 .
10 Nenoff P , Handrick W , Krüger C et al. Dermatomykosen durch Haus- und Nutztiere – vernachlässigte Infektionen? Hautarzt 2012 ; 63 : 848 – 58 .
11 Cosgarea I , Hillen U , Dissemond J . Painful erythematous plaque with vesicles and pustules . J Dtsch Dermatol Ges 2014 ; 12 : 1057 – 9 .
12 Aalfs AS , Jonkman MF . Tinea corporis bullosa due to Microsporum canis mimicking linear IgA bullous dermatosis . Eur J Dermatol 2012 ; 22 : 805 – 6 .
13 Mares¸ M , Na?stasa? V , Apetrei IC , Suditu GC . Tinea corporis bullosa due to Trichophyton schoenleinii : case report . Mycopathologia 2012 ; 174 : 319 – 22 .
14 Aste N , Pau M , Aste N . Tinea manuum bullosa . Mycoses . 2005 ; 48 : 80 – 1 .
15 Romano C , Gaviria Morales E Feci L et al. Six cases of tinea bullosa in Siena, Italy . J Eur Acad Dermatol Venereol 2016 ; 30 : 133 – 5 .

16 Abarca ML , Castellá G , Martorell J , Cabañes FJ . Trichophyton erinacei in pet hedgehogs in Spain: Occurrence and revision of its taxonomic status . Med Mycol 2017 ; 55 : 164 – 72 .
17 Weishaupt J , Kolb-Mäurer A , Lempert S et al. A different kind of hedgehog pathway: tinea manus due to Trichophyton erinacei transmitted by an African pygmy hedgehog ( Atelerix albiventris ) . Mycoses 2014 ; 57 : 125 – 7 .

Die Diagnosequizze werden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom 
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