Diagnose

Diagnose: Invasiver extramammärerMorbus Paget (EMPD)

MIKROSKOPISCHE BEFUNDE UND KLINISCHER VERLAUF
Histopathologisch fanden sich zahlreiche in der Epidermis des erythematösen Areals eingestreute und teils in Nestern liegende Paget-Zellen mit reichlich klarem Zytoplasma und großen atypischen Kernen. In der Dermis proliferierten diffus verteilte und aufgereihte Tumorzellen, die im knotigen Anteil ein invasives Wachstumsmuster aufwiesen (Abbildung 2a,d). Die immunhistochemische Färbung beider Läsionen zeigte, dass die Tumorzellen Zytokeratin 7 (CK7) (Abbildung 2b,e), GCDFP-15 (Abbildung 2c,f), Pan-Zytokeratin, carcinoembryonales Antigen (CEA) und GATA3 exprimierten, nicht hingegen Zytokeratin 20 (CK20), HMB-45, CDX2 und Uroplakin II (Figure S1). Es wurde die Diagnose einer primär invasiven EMPD (extramammary Paget’s disease) gestellt. Der Patient unterzog sich einer Mohs-Chirurgie mit einem 1,3 cm breiten Resektionsabstand. 15 Monate nach der Operation traten keine Rezidive oder Metastasen auf.

DISKUSSION
EMPD ist ein seltenes kutanes Adenokarzinom, das in erster Linie die Vulva-, Penoskrotal- und Perianalregion befällt. Es zeigt sich typischerweise als gut umschriebenes Erythem, aber auch Erosionen, Hypopigmentierung und ekzemartiges Bildkönnenauftreten (1). Nur 10,1% der Patientenweisen Knötchen auf. Diese treten in der Regel in späteren Stadien auf und gehen mit Invasivität einher (1). Exophytische Tumoren sind bei EMPD extrem selten und können leicht falsch diagnostiziert werden. Wir beschreiben sie als eine besondere Form der invasiven EMPD. Bei einer Tumorbildung in der Genitalregion sind Plattenepithelkarzinome, Condylomata acuminata und kutane Karzinommetastasen häufige Differentialdiagnosen. Plattenepithelkarzinome, einschließlich Morbus Bowen und verruköser Karzinome, sind eine der häufigsten Krebsarten bei älteren Menschen. Histologisch sind sie durch atypisches Plattenepithel mit unterschiedlicher Differenzierung - von hochdifferenziert bis entdifferenziert - gekennzeichnet (2). Die Tumorzellen sind im Allgemeinen positiv für p63 und CK5/6, hingegen negativ für CK7 und CEA (2). Kutane Karzinommetastasen einschließlich sekundäre EMPD können insbesondere bei älteren Menschen mit einer malignen Erkrankung in der Vorgeschichte erwogen werden. Die Anamnese, eine sorgfältige klinische und bildgebende Untersuchung sowie geeignete immunhistochemische Analysen spielen Schlüsselrollen bei der genauen Diagnose. Das Karzinommetastasen weisen die gleichen histologischen und immunhistochemischen Merkmale auf wie der Primärtumor. Der Blasenkrebs dieses Patienten befand sich in einem frühen Stadium, und nach sorgfältiger Untersuchung wurden keine weiteren malignen Tumore gefunden. Der Hauttumor war in der Immunhistochemie negativ für CK20, CDX2 und Uroplakin II. Somit können eine kutane Karzinommetastase oder eine sekundäre EMPD ausgeschlossen werden (1). Condylomata acuminata, die in der Regel durch humane Papillomaviren (HPV) der Typen 6 oder 11 verursacht werden, können sich rasch entwickeln und zu großen Plaques oder Knoten konfluieren (3). Die primären Läsionen sind jedoch Papeln und treten meist in Gruppen auf. Die Diagnose wird in der Regel klinisch oder durch den Nachweis von HPV-DNA gestellt (3). Charakteristische Koilozyten sind die wichtigsten histopathologischen Merkmale. Es wurden nur sehr wenige Fälle berichtet, in denen Condylomata acuminata und EMPD gleichzeitig auftraten (4). Bei unserem Patienten wurden histologisch keine Koilozyten festgestellt, und der HPV-DNA-Nachweis war mit einem kommerziellen Genarray-Diagnosekit, der 6 Niedrigrisiko- und 15 Hochrisiko-HPVs erkennen kann (HBGA-21PKG, Hybribio, China), verlief negativ. Eine zeitnahe Biopsie und histologische Untersuchung helfen bei der richtigen Diagnose und Behandlung. Es wurde über einen Zusammenhang zwischen EMPD und anderen bösartigen Erkrankungen berichtet. Patienten mit EMPD haben ein höheres Risiko, ein zweites primäres Malignom zu entwickeln, mit einer standardisierten Inzidenzrate von 1,75 und etwa 5% bis 42% der Patienten mit EMPD haben unabhängig vom Zeitpunkt des Auftretens der EMPD ein weiteres Malignom (6). Es wurde auch über multiple EMPD berichtet, die an verschiedenen Stellen auftreten (7). Der Mechanismus der multiplen EMPD und der Zusammenhang mit anderen bösartigen Erkrankungen sind noch unklar. Der genetische Hintergrund und die Aktivierung von Onkogenen, die zumultizentrischenmalignen Transformationen führen, könnten eine mögliche pathogenetische Erklärung sein (8,9). Sorgfältiges Tumorscreening und histopathologische Analysen werden generell empfohlen, um eine korrekte Diagnose zu stellen und andere maligne Erkrankungen frühzeitig zu erkennen. Die Chirurgie ist die Hauptstütze der Behandlung von EMPD, insbesondere die Mohs-Chirurgie mit den Vorteilen geringerer lokaler Rezidivraten und weniger Gewebeverlust (1). Andere Therapien, einschließlich Strahlentherapie, topisches Imiquimod, photodynamische Therapie, Kohlendioxidlaser, Chemotherapie und zielgerichtete medikamentöse Therapie, können je nach Situation in Betracht gezogen werden (1). Eine lange Nachbeobachtung ist erforderlich (Figure S1).

INTERESSENKONFLIKT
Keiner.

LITERATUR

  1. Kibbi N, Owen JL, Worley B, et al. Evidence-based clinical practice guidelines for extramammary Paget Disease. JAMA oncology. 2022;8(4):618-628.
  2. Waldman A, Schmults C. Cutaneous squamous cell carcinoma. Hematol Oncol Clin North Am. 2019;33(1):1-12.
  3. Sindhuja T, Bhari N, Gupta S. Asian guidelines for condyloma acuminatum.J Infect Chemother. 2022;28(7):845-852.
  4. Kang I, Lee JH, Lee JI, et al. Coexistence of condyloma acuminatum and extramammary Paget’s disease on penis and scrotum: A rare case report. Medicine (Baltimore). 2022;101(45):e31754.
  5. Siesling S, ElferinkMA, van Dijck JA, et al. Epidemiology and treatmentof extramammary Paget disease in the Netherlands. Eur J Surg Oncol. 2007;33(8):951-955
  6. Merritt BG, Degesys CA, Brodland DG. Extramammary Paget disease. Dermatol Clin. 2019;37(3):261-267.
  7. Zhao C, Zhang G, Li Y, et al. Concurrent extramammary Paget’s disease involving the genitalia and axilla: Case report and literature review. Australas J Dermatol. 2022;63(3):e226-e230.
  8. Fukuchi R, Kuwatsuka Y, Koike Y, et al. Patients with axillary Paget’s disease should be carefully screened for other sites affected by the disease. Eur J Dermatol. 2018;28(1):83-84.
  9. Zhao C, Li Y, Zhang C, et al. Extramammary Paget’s disease involving the axilla: case series and literature review. Int J Dermatol.2023;62(7):933-937.

Die Diagnosequizze werden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom 
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