Diagnose
6. September 2017
Atrophisches Dermatofibrosarcoma protuberans
Behandlung und Krankheitsverlauf
Aufgrund der Tatsache, dass die mikrografische Chirurgie nach Mohs (MMS) an unserer Institution nicht verfügbar war, wurde eine großflächige, lokale Exzision (WLE) des Primärtumors mit Resektionsrändern von 3cm von der Dermatologie in Kollaboration mit der Abteilung für plastische Chirurgie durchgeführt. Der Patientin geht es zurzeit gut; sechs Monate nach dem Eingriff weist sie keinerlei Zeichen eines Lokalrezidivs oder Fernmetastasierung auf.
Diskussion
Dermatofibrosarcoma protuberans (DFSP) ist ein seltenes, lokal invasives Weichteilsarkom von mittlerer Malignität [1–3]. Der exakte Pathomechanismus, welcher dieser Krankheit zugrunde liegt, ist unbekannt, kann aber einer genetischen Verbindung zugeschrieben werden, die zu der Produktion eines Fusionsproteins COL1A1–PDGFB führt, welches in 90% aller DFSP-Tumorfälle beschrieben wird [2]. Eine einzelne, seltene Variante des DFSP ist der atrophische Subtyp, welcher oft ein diagnostisches Rätsel darstellt, da seine klinische
Manifestation der von Morphea, Anetodermie, Morphea-ähnlichem Basalzellkarzinom, Narbengewebe, Lymphom, Lipoatrophie, und atrophischem Dermatofibrom ähnelt [4–6].
Das atrophische DFSP wurde erstmals 1985 von Lambert et al. beschrieben und tritt am Oberkörper, besonders an den Schultern und der klavikulären Region auf [4, 7]. Obwohl es meist asymptomatisch ist, sind Schmerzen oder Empfindlichkeit nicht ungewöhnlich [2]. Da der Tumor meist langsam über Monate oder Jahre hin wächst, bleibt der sich entwickelnde Tumor von den meisten Patienten unerkannt, wie es auch bei unserer Patientin der Fall war. In diesem speziellen Fall veranlassten die neuerliche, spontane Hämorrhagie
und starke Schmerzen an der Läsion die Patientin dazu, medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. In der Mehrheit der Fälle von atrophischem DFSP ist das histologische Erscheinungsbild dem des klassischen DFSP
ähnlich [2, 3]. Bei dem atrophischen DFSP ist die dermale Dicke jedoch auf weniger als 50 % der umliegenden Dermis reduziert [5]. Während der vorliegende Fall die zahlreichen bekannten Präsentationen von atrophischem DFSP erweitert, ist die hier zu beobachtende starke Prominenz der Hämorrhagie
eine außerordentlich seltene histopathologische Eigenschaft, welche häufig beim angiomatoiden fibrösen Histiozytom (AFH) auftritt [8].
Das AFH betrifft in erster Linie Kinder und junge Erwachsene, oft ahmt es ein anhaltendes Hämatom nach [8]. Die immunhistochemische Beurteilung ist für die Differenzierung von DFSP vom AFH sowie von anderen kutanen, spindelförmigen Zelltumoren, darunter Dermatofibrome, Kaposi-Sarkome, desmoplastische Melanome, und anderen, wesentlich [2, 8]. Charakteristischerweise sind die neoplastischen Zellen des DFSP positiv für CD34 und Vimentin, und negativ für Zytokeratine, Faktor XIIIa, Protein S100, EMA, Aktin und Desmin [1], was auch hier der Fall war.
Das atrophische DFSP wird auf die gleiche Weise wie das klassische DFSP behandelt, wobei MMS aufgrund seiner relativ niedrigen Rezidivrate im Vergleich zu WLE mit Rändern von mindestens 3 cm die Behandlung der Wahl ist [2, 9, 10]. Andere Behandlungsmöglichkeiten sind beispielsweise Bestrahlungstherapie und zielgerichtete Molekulartherapie mit dem kleinmolekularen Tyrosinkinase-Inhibitor Imatinib [3].
Zusammenfassend haben wir einen außergewöhnlichen Fall von atrophischem DFSP vorgestellt. Die Diagnose
wurde um viele Jahre bis zum neuerlichen Auftreten einer spontanen Hämorrhagie und starken Schmerzen an der Läsion verzögert. Es sollte den Ärzten bewusst sein, dass das klinische Erscheinungsbild des atrophischen DFSP nicht mit der typischen hervortretenden Erscheinung von DFSP übereinstimmt. Eine gezielte Achtsamkeit ermöglicht eine frühe Diagnose und eine angemessene Behandlung dieser ungewöhnlichen Variante von DFSP.
Interessenkonflikt
Keiner.
Literatur
1 Folpe AL. Fibrosarcoma: a review and update. Histopathology 2014; 64: 12–25.
2 Bogucki B, Neuhaus I, Hurst EA. Dermatofibrosarcoma protuberans: a review of the literature. Dermatol Surg 2012; 38:537–51.
3 Ugurel S, Kortmann RD, Mohr P et al. Brief S2k guidelines – Dermatofibrosarcoma protuberans. J Dtsch Dermatol Ges 2013; 11(Suppl 3): 16–8, 7–9.
4 Wen P, Yu R, Wang L. Atrophic dermatofibrosarcoma protuberans:
a case report. Int J Dermatol 2013; 52:463–5.
5 Güngör S, Büyükbabani N, Büyük M et al. Atrophic dermatofibrosarcoma protuberans: are there specific dermatoscopic features? J Dtsch Dermatol Ges 2014; 12:425–7.
6 Akay BN, Unlu E, Erdem C et al. Dermatoscopic findings of atrophic dermatofibrosarcoma protuberans. Dermatol Pract Concept 2015; 5: 71–3.
7 Lambert WC, Abramovits W, Gonzalez-Sevra A et al. Dermatofibrosarcoma non-protuberans: description and report of five cases of a morpheaform variant of dermatofibrosarcoma. J Surg Oncol 1985; 28: 7–11.
8 Wilk M, Zelger BG, Debiec-Rychter M et al. Angiomatoid fibrous histiocytoma – case series with emphasis on a late fibrotic variant. J Dtsch Dermatol Ges 2015; 13: 441–8.
9 Goldberg C, Hoang D, McRae M et al. A strategy for the successful management of dermatofibrosarcoma protuberans. Ann Plast Surg 2015; 74: 80–4.
10 Barreiros HM, Serrano PN, Parreira JC et al. Photoletter to the editor: Atrophic dermatofibrosarcoma protuberans with minimal clinical manifestation. J Dermatol Case Rep 2013; 7: 27–8.
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