Diagnose

Diagnose:

Aquagenes Akrokeratoderm

Therapie und klinischer Verlauf
Die klinische Hautreaktion sowie die subjektiven Symptome sind Kennzeichen eines aquagenen Akrokeratoderms (AA).
Die Verwendung von Antitranspirantien auf Aluminiumbasis gilt als effektive Therapieoption, war in unserem Fall jedoch
wirkungslos. Im Rahmen einer gründlichen Literaturrecherche stießen wir auf einen Fallbericht, welcher von einer erfolgreichen Behandlung eines AA mit Antihistaminika berichtete [1]. Dies nahmen wir zum Anlass für einen Therapieversuch mit dem oralen H1-Antihistaminikum Cetirizin. Bereits drei Tage nach Therapiebeginn berichtete die Mutter des Patienten das Ausbleiben von Hautreaktionen und subjektiven Symptomen, unabhängig von der Dauer des Wasserkontaktes. Die Behandlung des Patienten erfolgte einige Monate erfolgreich mit Cetirizin. Nach einem Behandlungszeitraum von fünf Monaten verlor die Therapie mit Cetirizin an Wirkung, sodass die zuvor beschrieben Symptome wieder auftraten.
Der Behandlungsversuch mit drei weiteren nichtsedierenden Antihistaminika blieb unwirksam. Jedoch kam es innerhalb weniger Wochen zu einem spontanen Ausbleiben aller Hautreaktionen, sodass der Junge aktuell seit über sechs Monaten symptomfrei ist.

Diskussion
Das AA gehört neben der aquagenen Urtikaria und dem aquagenen Pruritus zu der Gruppe der aquagenen Hauterkrankungen. Auch wenn sich das klinische Bild dieser Gruppe seltener Erkrankungen recht deutlich voneinander
unterscheidet, ist allen das Auftreten von Hautreaktionen, Juckreiz und weiteren Symptomen nach Wasserexposition gemein [2]. Das AA wurde 1996 erstmals von English und McCollough anhand eines Fallberichtes über zwei an ZF erkrankten Schwestern beschrieben. Beide zeigten bereits nach kurzem Wasserkontakt eine vorübergehende und reproduzierbare palmare Keratodermie [3]. Frauen sind insgesamt häufiger betroffen und erkranken meist während oder nach der Pubertät [4]. Das AA (auch bekannt als aquagenes Pseudoakrokeratoderm und aquagenes syringeales Akrokeratoderm) ist charakterisiert durch eine übermäßige palmare Faltenbildung mit weißlichen Papeln und möglicher Desquamation nach Wasserkontakt [5]. In den meisten Fällen bestehen bei den Patienten lediglich palmare Symptome, selten sind auch die Fußsohlen betroffen [2]. Bei AA-Patienten tritt diese Reaktion innerhalb von drei Minuten nach dem Eintauchen der Hände in Wasser auf, wohingegen eine palmare Faltenbildung als normale Hautreaktion auf eine längere Wasserexposition bei Nichterkrankten durchschnittlich erst nach 11,5 Minuten zu beobachten ist [6]. Die Läsionen können von Juckreiz oder Brennen begleitet sein, sind unabhängig von der Wassertemperatur und bilden sich in der Regel innerhalb von 60 Minuten nach Beendigung der Wasserexposition zurück [5, 6]. Verschiedene Erkrankungen sind mit dem AA assoziiert, beispielsweise die fokale Hyperhidrose, die atopische Dermatitis und das Raynaud-Phänomen [7]. Arzneimittelinduzierte Fälle (Nebenwirkung von Cyclooxygenase-2-Inhibitoren) sowie idiopathische Formen wurden ebenfalls in der Literatur beschrieben [8, 9]. Die stärkste Assoziation besteht jedoch zur ZF und dem ZF-Trägerstatus. Das AA wird als klinisches Zeichen der ZF angesehen und tritt bei etwa 80 % der ZF-Patienten und 25 % der ZF-Merkmalsträger auf. Die zystische Fibrose wird durch eine Mutation im CFTR-Gen hervorgerufen, was zu einer Dysregulation des Elektrolyttransportes führt [6, 7]. Daher sollte bei AA-Patienten eine genetische Testung auf ZF und den ZF-Trägerstatus erwogen werden [10]. Die Pathogenese ist derzeit noch ungeklärt, jedoch werden mehrere Mechanismen diskutiert [5]. Aufgrund der Assoziation zu ZF besteht die Hypothese, dass die erhöhte Salzkonzentration in der Epidermis zu der raschen Entwicklung von Hautläsionen beitragen könnte [6]. Die Bedeutung der Salzkonzentration ist jedoch fragwürdig, da der Schweiß von Patienten mit ZF-Trägerstatus keine oder lediglich leicht erhöhte Konzentration von Elektrolyten im Vergleich zur Normalbevölkerung aufweist. Darüber hinaus bleibt auch die Assoziation zwischen AA und ZF fragwürdig, da ZF mit einer Heterozygotenfrequenz von 1 : 25 die häufigste autosomal-rezessive Erbkrankheit in der kaukasischen Bevölkerung darstellt. Aufgrund dieser hohen Prävalenz würde man eine höhere Zahl beschriebener AA-Fälle erwarten [11].

Die Diagnose eines AA basiert auf der Zusammenschau der Anamnese und dem Eintauchen der Hände in Wasser, wodurch das Hand-in-the-Bucket-Zeichen ausgelöst wird: Das Eintauchen der Hände in Wasser löst die Symptome aus [1, 5]. Dermatoskopisch zeigen sich nach kurzer Wasserexposition spongiotische Veränderungen im Stratum corneum und eine Ausdehnung der ekkrinen Drüsen [2, 5]. Histologische Untersuchungen sind unspezifisch und zeigen lediglich eine Hyperkeratose um die erweiterten Schweißdrüsengänge [1]. Die Behandlungsmöglichkeiten sind vielfältig und umfassen topische 20%ige Aluminiumchloridlösungen, Essigsäure, Iontophorese, Botulinumtoxin-Injektionen, topisches Kortikosteroid, topische Harnstoff- und Salicylsäure-Applikationen sowie 12%iges Ammoniumlactat [4, 8, 12]. Basierend auf unserem sowie dem veröffentlichten Bericht von Itin et al. kann eine Therapie mit oralen Antihistaminika eine weitere wirksame und zeitgleich nebenwirkungsarme therapeutische Option darstellen [1]. Eine Spontanremission wie in unserem Fallbericht wurde bereits in der Literatur beschrieben [13]. Da es sich allerdings um eine genetisch bedingte Erkrankung handelt, ist ein erneutes Auftreten der Symptome im weiteren Verlauf wahrscheinlich.

Fazit
Mit diesem Fallbericht soll auf das AA aufmerksam gemacht werden. Aufgrund der Assoziation mit ZF und ZF Trägerstatus sollte bei Patienten mit AA eine detaillierte Anamnese und körperliche Untersuchung sowie gegebenenfalls ein Gentest durchgeführt werden.

Interessenkonflikt
Keiner.

Literatur

1 Itin PH, Lautenschlager S. Aquagenic syringeal acrokeratoderma (transient reactive papulotranslucent acrokeratoderma). Dermatology 2002; 204: 8–11.
2 Wang F, Zhao YK, Luo ZY et al. Aquagenic cutaneous disorders. J Dtsch Dermatol Ges 2017; 15: 602–8.
3 English JC, 3, McCollough ML. Transient reactive papulotranslucent acrokeratoderma. J Am Acad Dermatol 1996; 34: 686–7.
4 Kim DW, Woo SH, Kim JI et al. Idiopathic aquagenic wrinkling of the palms in Korean patients. Ann Dermatol 2015; 27: 776–7.
5 Hamie L, Abou-Rahal J. Water-related dermatoses. Int J Dermatol 2019; 58: 515–29.
6 Gild R, Clay CD, Morey S. Aquagenic wrinkling of the palms in cystic fibrosis and the cystic fibrosis carrier state: a casecontrol study. Br J Dermatol 2010; 163: 1082–4.
7 Katz M, Ramot Y. Aquagenic wrinkling of the palms. CMAJ 2015; 187: E515.
8 Megna M, Cantelli M, Martellotta D et al. Aquagenic wrinkling of the palms: a case report and literature review. Dermatol Online J 2016; 22(9): 13030/qt29g4r1k4.
9 Uyar B. Aquagenic syringeal acrokeratoderma. Indian J Dermatol 2014; 59: 632.
10 Garcon-Michel N, Roguedas-Contios AM, Rault G et al. Frequency of aquagenic palmoplantar keratoderma in cystic
fibrosis: a new sign of cystic fibrosis? Br J Dermatol 2010; 163: 162–6.
11 Castellani C, Boner AL. Aquagenic wrinkling and cystic fibrosis carriership: A dubious relationship. Eur J Intern Med 2018; 57: e43.
12 Katz KA, Yan AC, Turner ML. Aquagenic wrinkling of the palms in patients with cystic fibrosis homozygous for the delta F508 CFTR mutation. Arch Dermatol 2005; 141: 621–4.
13 Yan AC, Aasi SZ, Alms WJ et al. Aquagenic palmoplantar keratoderma. J Am Acad Dermatol 2001; 44: 696–9.

Die Diagnosequizze werden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom 
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